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Biotope schaffen mithilfe einer Dachbegrünung

Last updated on 20. Februar 2022

Jahrhundertsommer, Jahrhundertdürre, Jahrhunderthochwasser,  Jahrhundertkatastrophe. Aber nicht einmal pro Jahrhundert, sondern alle paar Jahre wieder. Selbst wenn wir den CO₂-Ausstoß sofort auf null senken könnten, haben wir noch lange Zeit mit den Folgen zu kämpfen. Die Begriffe sind bekannt. Wir müssen damit leben. Also sollten wir etwas tun, um Hitze zu mildern, die Luft zu verbessern, die Artenvielfalt zu erhalten und Wasser zu speichern bzw. zurückzuhalten.

Warum wir darüber sprechen müssen

Die Versiegelung von Flächen trägt erheblich dazu bei, den Klimawandel und damit die aktuelle Situation zu verschlimmern. Entsiegelung ist eine Möglichkeit. Denn so können wir für die Natur Flächen zurückgewinnen. Aber wo und wie und was kann ich und jede:r einzelne nun tun?

Wir ALLE können ÜBERALL, wo es möglich ist und manchmal auch da, wo es auf den ersten Blick nicht möglich scheint, Natur, Artenreichtum und CO₂-Speicherung fördern und Wasser speichern. Wir können durch Pflanzen, die Wasser verdunsten und Sauerstoff ausatmen, die Luft verbessern und gegebenenfalls kühlen.

Coesfeld for Future

In Städten gibt es Flächen, die den Blicken meist verborgen bleiben: Die Dächer haben einen großen Anteil an der Gesamtfläche, sie heizen sich im Sommer besonders auf, aber sie haben ein riesiges Potenzial für Begrünung. Und damit wirken sie positiv auf das Stadtklima ein.

Definition Gründach: Ein Gründach ist ein Flachdach oder ein Dach mit einer Neigung bis zu 20 %, das planmäßig mit einer Begrünung aus z. B. Sedum, Moosen, Gräsern, aber auch Pflanzenstauden bis hin zu Büschen und Bäumen bepflanzt ist. 

Welche Arten der Dachbegrünung gibt es?  

Allgemein werden zwei Arten der Dachbegrünung unterschieden:

Unser „Garten“ auf dem Garagendach
  • Die extensive Begrünung mit Substratdicken von 5 bis 6 cm. Das Substrat setzt sich aus einer Mischung von porösem Gestein wie Lava oder Bims, Sand und Komposterde zusammen. Bepflanzen kann man sie mit z.B. trockenresistenten Sedum-Arten und Dickblattgewächsen. Diese extensive Begrünung lässt sich meist auch noch nachträglich aufbringen. Trotzdem sollte auch hier die Statik vorab geprüft werden. Sogar eine Belastung durch eine dicke Schneedecke muss dabei berücksichtigt werden, auch wenn das nur sehr selten vorkommt.
  • Die intensive Begrünung mit Substratschichten von bis zu 20 cm. Diese plant man d gleich beim Bau mit ein. Sogar Gemüseanbau ist eine Option, in Hochbeeten. Meist ist die Sonneneinstrahlung auf so einem Dach besser als am Boden. Nur sollte man dann auch an die Wasserversorgung denken, während man die bei einer Bepflanzung mit trockenheitsresistenten Pflanzen im Substrat nicht benötigt.

Die Vorteile eines Gründachs

Die Vorteile einer Dachbegrünung sind so vielfältig, wie die Dachbegrünung ansich:

  • Trägt zum Klimaschutz bei.
  • Fördert die Biodiversität, in dem es einen insektenfreundlichen Lebensraum schafft.
  • Bildet ein kleines Biotop in der Stadt, das Tieren, Pflanzen und auch uns Menschen wohltut.
  • Wirkt den negativen Effekten der zunehmenden Flächenversiegelung entgegen.
  • Speichert normalerweise 50 – 90 % des Regenwassers und entlastet die Kanalisation.
  • Reduziert die Feinstaubbelastung und dient als Hitzeschutz an heißen Tagen.
  • Richtig aufgebaut, schützt es die Dachkonstruktion vor Witterungseinflüssen und trägt so zu einer längeren Lebensdauer bei.
  • Es klimatisiert die unter ihm liegenden Räume auf angenehme, klimafreundliche Weise.
Unser erster Versuch mit dem Gründach, 20 Jahre nach dem Anlegen: Dachpappe, umgedrehte Rasensoden, einige Pflanzen und es ist immer noch lebendig!

Wie entwickelt sich die Begrünung?

Wir haben seit etwa 30 Jahren ein Gründach auf der Garage und freuen uns immer wieder daran. Da die Statik nur für eine extensive Begrünung ausreichte, ist das Substrat nur 5 cm dick. Darin wachsen hauptsächlich Sedum – Arten, wasserspeichernde Dickblattgewächse wie Hauswurz, aber auch anderes genügsames Kraut wie Steinbrech und Thymian. An den Rändern, teilweise beschattet, halten sich Walderdbeeren, Karthäusernelken, ja sogar Margeriten. Im Sommer, wenn alles blüht, kommen die Insekten in Scharen. Deshalb haben wir an der Wand einfache Insektenhotels aufgehängt. Weil die Stauden nicht geschnitten werden und dort auch sonst nicht aufgeräumt wird, finden sie da und unter dem Dachüberstand Überwinterungsmöglichkeiten.

Auch in ganz klein funktioniert das, die Wildbienen freut’s

Pflege braucht das Dach so gut wie keine, seit 30 Jahren hat sich ein dynamisches Gleichgewicht aufgebaut. Jedes Jahr verändert sich das Bild ein bisschen, mal ist das Wetter feuchter, mal trockener und dementsprechend breitet sich mal die eine, mal die andere Art mehr aus auf unserem Extremstandort. Zwischendrin gibt es dicke Moospolster, die den Regen ebenfalls aufsaugen, speichern und bei Bedarf wieder abgeben.

In der Garage merkt man, wie gut das Dach isoliert. Im Sommer bleibt es relativ kühl, im Winter sinkt die Temperatur praktisch nie unter null, obwohl die Türen immer für gute Belüftung sorgen. Deshalb überwintern wir da unsere Obsternte oder lagern anderes Gemüse – eine Art winterlicher Outdoor-Kühlschrank.

Und jetzt?

Im privaten Raum: In 5 Schritten zum grünen Dach

Der Aufbau sollte fachgerecht geschehen. Eine Dachbegrünung geschieht in 5 Schritten:

  1. Drainage auflegen
  2. Filtervlies verlegen
  3. Dachabläufe freischneiden
  4. ein spezielles Dachsubstrat aufschütten
  5. Pflanzen anpflanzen. Falls ihr es einfacher haben wollt: Vegetationsmatten sind bereits fertig bepflanzt und können wie Rollrasen einfach auf der Aufbauschicht ausgelegt werden. Sie kosten je nach Typ etwa 40 Euro pro Quadratmeter, sind zwei Zentimeter dick und besonders pflegeleicht, da sie bereits vollständig bewachsen sind und eignen sich für die extensive Begrünung.

Normalerweise hat man für Jahrzehnte Ruhe, keinen Pflegeaufwand und auch keine Reparaturen. Bepflanzt man das Dach mit trockenresistenten (kleinbleibenden) Stauden kann man beobachten, wie sich im Laufe er Zeit von selber eine Pflanzengesellschaft entwickelt.

Es gibt in der Geschichte im Übrigen viele Beispiele, dass gerade die Landbevölkerung begrünte Dächer gerne verwendete. Besonders in Skandinavien und Island galt es als preiswertes und hervorragend isolierendes Baumaterial. In warmen Ländern legte man teilweise die ganzen Häuser unter die Erde, damit es drin angenehm kühl blieb. Diese Bauweise hat auch die Fantasie von Architekten und Künstlern beflügelt, stellt sie doch auf besondere Weise die Einbindung des Menschen (oder Fantasiewesens) in die Natur dar. Dazu unten ein paar Beispiele in den Quellenangaben. Der Künstler Friedensreich Hundertwasser hat beispielsweise diese Fantasien in Realität verwandelt. Ganz so spektakulär ist ein einfaches Gründach nicht, aber schon mal ein Anfang!

Im öffentlichen Raum: ein städtebauliches Konzept

Gründächer sind Teil eines Programms für die Klimafolgenanpassung in den Städten, die man mit dem Begriff „Schwammstadt“ bezeichnet: Ein Konzept der Stadtplanung, das vor allem dafür sorgen soll, dass anfallendes Regenwasser in Städten lokal gespeichert wird. Damit werden einerseits Überflutungen verhindert, andererseits aber auch die Luft gekühlt und  gereinigt. Mit dem gespeicherten Wasser können Anpflanzungen in den Städten auch in Trockenphasen besser versorgt werden.

Inzwischen entdecken auch immer mehr Architekten diese Idee als Möglichkeit, die CO₂-Bilanz von Häusern zu verbessern und der Natur einen Teil der versiegelten Flächen zurückzugeben. Ein Gründach lässt sich übrigens ohne weiteres mit der Gewinnung von Solarstrom vereinbaren. Da das Gründach eine kühlere Oberfläche aufweist als herkömmliche Dächer, ist die Kombination sogar besonders vorteilhaft. Denn zu viel Hitze vermindert die Produktion von Solarstrom. In unseren Nachbarländern Österreich und Schweiz sind Gründächer schon wesentlich weiter verbreitet.

Auch der Bereich Bauen und Wohnen muss sich in den nächsten Jahren stark verändern. Gründächer können dabei ein guter Schritt in die richtige Richtung sein.

Coesfeld for Future

Quellenangaben:

Informative Beispiele

 Fantasievolle Beispiele:

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