Zum Inhalt springen

Circular Fashion – Wie kann eine nachhaltige Modeindustrie aussehen? 

Plötzlich sind sie da, die großen Versprechen der Modeindustrie. “Wir engagieren uns für mehr Nachhaltigkeit” oder “Kauf dieses T-Shirt und wir pflanzen einen Baum” sind nur zwei von unzähligen Beispielen. Für eine nachhaltige Wirtschaft ist es jedoch entscheidend, dass die Bekleidungsindustrie die Umweltbelastung durch Textilien reduziert. Wie das gehen kann und was das mit „Circular Fashion“ zu tun hat, erfährst du hier.

Deswegen müssen wir darüber sprechen 

Das größte Problem in der Modeindustrie ist Fast Fashion. Mehr als hundert Milliarden Kleidungsstücke werden jährlich hergestellt. Das ist mehr Kleidung, als alle Menschen auf diesem Planeten jemals auftragen können. Geschäftsmodelle wie Primark oder H&M bieten wöchentlich neue Kollektionen für wenig Geld, die in hohen Stückzahlen produziert werden und letztlich als Wegwerfware enden. Diese gewaltige Überproduktion an Kleidung, belastet unser Klima. (Weiland, 2021) Neben dem einerseits entstandenen Müll, werden auf der anderen Seite fossile Rohstoffe genutzt, Mikroplastik und toxische Chemikalien verwendet, daneben kommt es auch zu einem hohen Wasserverbrauch. (Reichert, 2021) 

Fast Fashion ist der Überkonsum an Bekleidung, die kurzfristig gekauft und dann kurzfristig wieder entsorgt werden muss.

Die Studienlage – „Mode über Klima“

Untersuchungen von McKinsey aus dem Jahre 2020 zeigten, dass der Modesektor für 2,1 Milliarden Tonnen Treibhausgasemmissionen verantwortlich ist, etwa 4 % der weltweiten Gesamtmenge. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten die Emissionen auf 1,1 Milliarden Tonnen bis 2030 gesenkt werden. Nach Berechnungen von Kinsey wird dieses Ziel um das Doppelte überschritten, wenn keine Reduktionsmaßnahmen ergriffen werden. (Berg et al. 2020) 

Der Circular Fashion Index  

Nach der UN-Klimakonferenz (COP) in Glasgow im Jahre 2021 verpflichteten sich viele Unternehmen die Emissionen bis 2030 zu halbieren und zudem, bis spätestens 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Um effektiv zu arbeiten, muss jedes Glied in der Wertschöpfungskette dazu angeregt werden, sich zu engagieren.

Der Circular Fashion Index gibt Einblicke in die Bemühungen von Textilunternehmen

Die Managmentberatung Kearney führte vor drei Jahren zum ersten Mal den sogenannten Circular Fashion Index ein, um dieses Bestreben der Modeindustrie für den Lebenszyklus ihrer Kleidung zu messen. Im Jahr 2022 wurde die neueste Studie veröffentlicht: Insgesamt wurden 150 globale Marken aus 20 Ländern bewertet. Der Durchschnittswert lag bei 2,97 von 10 möglichen Punkten. Von allen untersuchten Marken, zeigten nur wenige glaubwürdige Bemühungen, ihre Umweltbelastung zu reduzieren. Nur 7 Prozent verwenden recycelte Materialien in einem glaubwürdigen Umfang. 54 Prozent verwenden recycelte Materialien für ausgewählte Produktmerkmale und 39 Prozent verwenden überhaupt keine recycelten Materialien. (Ehrig 2022) 

Kreislauf innerhalb der Modeindustrie – geht das? 

Momentan ist unsere Modebranche linear: Das heißt, ein gekauftes Shirt landet im Müll, wenn wir es satthaben. Bei der zirkulären Mode wird mit dem Einkauf des Shirts ein Kreis gebildet. Um zu vermeiden, dass neue Materialien genutzt werden, sollen bei diesem System Ressourcen verwendet werden, über die die Modeindustrie bereits verfügt. Der Kern der zirkulären Mode ist es, Abfall zu minimieren und die Idee zu fördern, weniger einzukaufen. (Waddell, 2022) 

Zirkuläre Mode (engl. Circular Fashion) bezeichnet Textilien und Kleidung, die in ihrer Herstellung, so bezogen und produziert werden, dass sie nach einer möglichst langen Verwendung wieder in einen nachhaltigen Kreislauf der Umwelt zurückkehren. 

Abgucken bei der Natur, wo alles wiederverwendet wird. Das ist die Idee einer kreislauffähigen Modeindustrie.

In der Natur gibt es keinen Müll – es wird alles verwendet! Die Idee von kreislauffähigen Produkten gibt es schon seit den 90er Jahren. Hierbei soll der Ausgangsrohstoff für neue Produkte genutzt werden, um Ressourcenverschwendung zu beenden. (Müller 2017) 

Was sind die Vorteile von zirkulärer Mode?   

Zirkuläre Mode betrifft nicht nur Anpassungen die lineare Wirtschaft zu reduzieren, sondern es wird ein systemischer Wandel angestrebt, der langfristig wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Vorteile bietet: 

  • Abfall auf Deponien wird reduziert: Materialien sollen möglichst wiederverwendet werden – Abfallreduzierung ist oberste Priorität. 
  • Schonung von Ressourcen: Es werden weniger natürliche Materialien geschaffen, da sich die zirkuläre Mode für die Verwendung von bereits vorhandenen Materialien einsetzt 
  • Senkung der Umweltverschmutzung und Förderung von Grüner Energien: viele zirkuläre Modemarken nutzen die erneuerbaren Energien (Waddell 2022) 

Und JETZT? 

Es muss sich einiges in unserem Modesektor verändern.

Transformation des Modesektors 

Eine Expert:innen-Gruppe für nachhaltige Textilien beschäftigte sich mit den Möglichkeiten eines kreislauffähigen Verfahrens entlang der Wertschöpfungskette von Bekleidung. Dazu haben sie fünf Kriterien ausgearbeitet, die als Handlungsansätze dienen können: 

  1. Nachhaltiges Design hat eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft. Hochwertige Rohstoffe sind dabei Voraussetzung für kreislauffähige Produkte. Innerhalb des Designprozesses wird festgelegt, welche technischen Materialien und Verarbeitungsaufwände für die Entstehung nötig sind. Die Expertengruppe bietet Unterstützungsangebote zu kreislauffähigen Fasern, um verbesserten Fasereinsatz voranzutreiben. 
  2. Reparatur, Sharing, Sammlung, Re-Use und Recycling: Die Weiterverwertung der Textilien birgt diverse Herausforderungen – Best Practice Beispiele und mögliche Lösungsansätze sollen Alternativen bieten   
  3. Alternative Geschäftsmodelle vorantreiben: Leasing, Sharing und Reparatur sind allesamt nachhaltige Modelle mit großem Potenzial für unsere Zukunft. 
  4. Verpackung: Verpackungsmaterial geht mit hohem Ressourceneinsatz einher. Dieser Themenschwerpunkt umfasst vor allem nachhaltige Alternativen mit bestmöglicher Recyclingfähigkeit. Ziel muss aber auch sein, möglichst Verpackungen zu vermeiden. 
  5. Branchenübergreifende Stakeholder-Dialog: Unternehmensberechtigte der Textilsammlung, Verwertung, Recycler, Designer und Produzenten müssen in einen Austausch kommen, um ebenfalls am Thema Kreislaufwirtschaft zu arbeiten. (Reimelt 2021) 

Einheitlichkeit 

Bisher war es für Verbraucher:innen und andere Akteur:innen kaum möglich, sich bei einer zentralen Stelle über Nachhaltigkeitsaspekte in der Modeindustrie zu informieren. Daher wurde im Rahmen eines Verbändeprojekts des Umweltbundesamt die Online-Plattform „sustainfashion“ entwickelt. Diese bietet fundierte Informationen über Nachhaltigkeit der Textil- und Modeindustrie. 

>>Online-Plattform Sustainfashion <<

Es enthält Informationen zu Regulierungen, Materialien, Gender und Menschenrechten, daneben auch zur Kreislaufwirtschaft, Chemikalien oder Umweltthemen. Akteur:innen aus verschiedenen Zielgruppen können sich schnell und zielgerichtet einen Überblick verschaffen und finden Verweise zu weiterführenden Informationen. (Umweltbundesamt 2021) 

Dein individueller Konsum als Stimmzettel 

Hier gibt es eine kleine Regel, die du anwenden kannst, um deinen eigenen Konsum zu hinterfragen. Wenn es das nächste Mal darum geht, ob du ein Kleidungsstück kaufst oder nicht, dann probiere doch einfach mal die 4321-Regel aus. 
 
4 – Siehst du dich in 4 Jahren immer noch mit dem Kleidungsstück? 
3 –  überlege dir 3 Outfits mit dem Kleidungsstück 
2 – Atme 2x ganz tief durch 
1 – Schlafe eine Nacht drüber, wenn das möglich ist.  

Generelles Ziel sollte es sein, deine Kleidung möglichst lange im Kreislauf zu halten. Das heißt, achte beim Einkauf, ob es Rücknahmesysteme gibt und nutze diese, falls du die Kleidung nicht mehr trägst. Daneben ist die Materialzusammensetzung wichtig. Grob gilt, je weniger Fasern gemischt werden, desto leichter können sie weiterverarbeitet werden. Teilweise kannst du auch Kleidungsstücke aus recycelten Materialien kaufen – die Nachfrage treibt hier eine nachhaltige Produktion an. (Zuppke 2021) 

>> 3 starke Alternativen als Gegentrend zur Fast Fashion <<

Daneben sollten Kleidungssysteme wie Secondhand Läden weiter vorangetrieben werden. ABER nicht nur bei Bekleidung ist es wichtig auf Nachhaltigkeit zu achten, sondern allgemein bei Textilien und Möbel. Der Wirtschaftsbetrieb Kreis Coesfeld bietet eine Auflistung für Secondhand Möglichkeiten im Bereich Möbel und mehr. Hier findest du weitere Tipps für deine Umgebung. 

Es ist eine Herausforderung, aber ein systemischer Wandel ist notwendig


Literaturverzeichnis 

  • Berg, A., Granskog, A., Lee, L. & Magnus, K. (2020, 14. Dezember). Fashion on climate. McKinsey & Company. https://www.mckinsey.com/industries/retail/our-insights/fashion-on-climate 
  • Ehrig, B.; Dittmar, F.  et al. (2022, 19. April) Kearney: The Kearney CFX 2022 report: are fashion brands ramping up their circularity game? https://www.kearney.com/consumer-retail/article/-/insights/the-kearney-cfx-2022-report-are-fashion-brands-ramping-up-their-circularity-game   
  • Hedrich, S. et al. (2022, 15. Juli). Scaling textile recycling in Europe—turning waste into value. McKinsey & Company. https://www.mckinsey.com/industries/retail/our-insights/scaling-textile-recycling-in-europe-turning-waste-into-value 
  • Müller, K. (2017, 2. Oktober). Cradle to Cradle – Lang lebe der Kreislauf! – Strategisches Nachhaltigkeitsmanagement. https://snm-hnee.de/2021/03/cradle-to-cradle-lang-lebe-der-kreislauf/ 
  • Reichert, I. (2021, 5. Februar). Kleidung: So macht sie unsere Umwelt kaputt. quarks.de. https://www.quarks.de/umwelt/kleidung-so-macht-sie-unsere-umwelt-kaputt/   
  • Reimelt, M. (2021, 18. August). Neue Expert*innen-Gruppe Kreislaufwirtschaft. Bündnis für nachhaltige Textilien. https://www.textilbuendnis.com/eg-kreislaufwirtschaft/ 
  • Umweltbundesamt (2021, 20. Juli). SustainFashion – Nachhaltigkeitsinformationen rund um Textilien. Umweltbundesamt. https://www.umweltbundesamt.de/themen/sustainfashion-nachhaltigkeitsinformationen-rund-um 
  • Umweltbundesamt  (2017, 10. Juli). Bekleidung. https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/haushalt-wohnen/bekleidung 
  • Waddell, E. (2022, 5. November). What is Circular Fashion? The Future of Sustainable Style. The Honest Consumer. https://www.thehonestconsumer.com/blog/circular-fashion-and-sustainability 
  • Weiland, M. (2021, 23. November). Wie umweltfreundlich ist die Textilindustrie? Greenpeace. https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/umweltfreundlich-textilindustrie 
  • Zuppke, L. (2021, 26. Mai). Circular Fashion: Zieht die Mode der Zukunft Kreise? Let’s Be Good. https://loveco-shop.de/magazin/was-ist-kreislauf-mode/ 
  • Contributor, G. (2023, 27. März). New environmental regulation and a greenwashing crackdown: So what does that mean for fashion? FashionUnited. https://fashionunited.uk/news/fashion/new-environmental-regulation-and-a-greenwashing-crackdown-so-what-does-that-mean-for-fashion/2023032168588 
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert