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Dominik Engbers, wie wird das Thema ökologische Nachhaltigkeit im Jahre 2030 in Coesfeld gedacht?

Last updated on 25. März 2022

Dominik Engbers (Jahrgang 1974) ist im Jahre 2019 Mitglied der FDP Coesfeld geworden und seit Kurzem der neue Vorsitzende. Der Kundenberater bei einer Krankenkasse ist seit den Kommunalwahlen 2020 sachkundiger Bürger für die FDP im Umweltausschuss der Stadt Coesfeld. In seiner Freizeit wandert er gerne oder geht joggen.

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sehen Sie persönlich Coesfeld für den Klimawandel gewappnet?

Wir leben in Coesfeld auf einem Teil der Erde, wo man die Folgen des Klimawandels (noch) kaum zu spüren bekommt. Es gibt ab und an Meldungen über schlechtere Ernten und Wasserknappheit und unsere Sommer sind etwas heißer. Ansonsten spüren wir normalen Bürger keine unmittelbaren Auswirkungen. Das ist natürlich ein Segen, allerdings ist damit auch leider das große Problem Klimawandel für viele Menschen nicht greifbar und für sie scheinbar nicht relevant. Wir liegen (bisher) nicht an der Küste, sind (bisher) nicht von Tornados bedroht und haben (bisher) noch ausreichend Trinkwasser und Nahrung. Anders als andere Städte weltweit muss die Stadt Coesfeld also (bisher) keine unmittelbaren Bedrohungen bekämpfen. Unsere Aufgabe ist es damit, dem Klimawandel generell entgegenzuwirken; durch die massive Reduktion des CO₂-Ausstoßes und den sparsamen Umgang mit Ressourcen.

Es freut mich sehr, dass neben guten Vorschlägen aus den verschiedenen politischen Fraktionen, auch die Stadtverwaltung bereits eigeninitiativ viele Dinge auf den Weg gebracht hat oder bringt: Photovoltaik-Anlagen (PV) werden bei fast jedem Neubau eingeplant, öffentliche Gebäude werden mit PV nachgerüstet, ein wirklich tolles Radwegekonzept wartet nur auf Fördermittel, Grünflächen werden schon lange insektenfreundlich bepflanzt und bewirtschaftet etc.

Auf der Skala von 1 bis 10 gebe ich unserer Stadt daher eine 8 – „nur“ eine 8, weil es immer noch besser geht, siehe auch Frage 2.

Der Coesfelder Stadtrat hat gemeinsam mit der Stadtverwaltung im Jahr 2019 ein Klimaanpassungskonzept erstellt. Viele Maßnahmen befinden sich aktuell nicht in dem Entwicklungsstadium, in dem sie sein sollten, wie erklären Sie sich das?

Die Abläufe im Stadtrat bis zur finalen Entscheidung sind recht langwierig, da jeder Vorgang ein bis vier Ausschüsse durchläuft, bevor er endgültig im Stadtrat entschieden wird. Bauvorhaben sind in mehrere Planungsphasen unterteilt und durchlaufen mehrfach diese Schleife. Eine Optimierung ist hier möglich und die Fraktionen haben sich auch auf die Fahne geschrieben, die s.g. „Zuständigkeitsordnung“ bei Bedarf anzupassen und zu verschlanken. Doch derzeit befindet sich das Nadelöhr meiner Meinung nach eher in der ausführenden Ebene.

Die Stelle der Klimaschutzmanagerin ist bei der Stadt Coesfeld erst vor 1-2 Jahren geschaffen worden. Unsere Klimaschutzmanagerin ist bereits mit einem vollen Auftragsbuch gestartet und der parallel neu eingerichtete Umweltausschuss hat mit jeder Sitzung neue Aufträge hinzugefügt. Viele Vorhaben sind im Rahmen einer Priorisierung auf die Warteliste gerutscht. Hier wurde Abhilfe geschaffen, indem der Rat am 09.09.2021 eine weitere Stelle bewilligte.

Der Baubetriebshof kommt häufig ins Spiel, wenn Vorhaben umgesetzt werden. Die Kollegen machen sehr gute Arbeit und ich war bereits mehrfach erstaunt, was das Team alles bereits, ohne Impulse aus der Politik, umsetzt! Der ehemalige Leiter des Baubetriebshofes ist in Rente gegangen. Ein Nachfolger musste zunächst gefunden werden und dieser benötigte natürlich auch etwas Einarbeitungszeit. Das kostete Zeit.

Der Umweltausschuss steht im Kontakt mit der Klimaschutzmanagerin und auch vom Baubetriebshof bekommen wir regelmäßig Rückmeldungen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt. Ggf. muss an dem ein oder anderen Stellrad nachjustiert werden.

Als Mitglied des Stadtrates haben Sie unter anderem Einfluss auf das Thema Verkehr und Bebauung in Coesfeld. Welche Themen erachten Sie für das Jahr 2022 als wichtig im Hinblick auf eine ökologische Nachhaltigkeit?

Bei neuen Bau- oder Gewerbegebieten werden bereits heute Vorgaben gemacht in Hinblick auf Energiegewinnung, Energieeinsparung, Begrünung etc. Bei aktuell in Planung befindlichen Gewerbegebieten macht die Stadt Coesfeld bereits zahlreiche Vorgaben. Das ist einerseits natürlich super und bringt uns voran. Andererseits funktioniert das nur, solange es ausreichend Firmen gibt, die das akzeptieren. Wenn man zu fest an einer Schraube dreht, bricht sie irgendwann. Wir sollten diesen Weg weiter beschreiten, müssen aber die Nachfrageseite im Auge behalten.

Beim Verkehr und der Mobilität ist meiner Meinung nach das größte Potenzial. Hier sollten wir uns ein langfristiges Leitbild überlegen und unsere Entscheidungen danach ausrichten. Beim Thema Verkehr sind allerdings sehr schnell andere Organisationen involviert (Kreis, Land, Bund, Verkehrsbetriebe etc.), die die Umsetzung verkomplizieren.

Lassen Sie uns gemeinsam in die Zukunft (blicken): Was wäre Ihr Wunsch, wie das Thema ökologische Nachhaltigkeit im Jahr 2030 in der Politik in Coesfeld gedacht wird?

Ich denke im Bereich Verkehr und Mobilität kann und sollte am meisten getan werden. In Münster stand ich mal auf der Hammer Straße hübsch aufgereiht in einer PKW-Schlange vor einer roten Ampel. Ich habe nach links und rechts geschaut; beide Richtungen waren zweispurig und hatten zusätzlich noch einen Standstreifen und eine Busspur. Man hinterfragt gar nicht, wie viel Raum in

unseren Städten von Autos eingenommen wird! Wenn man nur die Busspuren übrig lassen würde und den Rest in Fahrradstraßen/Gehwege mit Bäumen und Sitzmöglichkeiten (Gastronomie?) umwandeln würde, was wären das für tolle Städte?! Von oben betrachtet wären es Städte, die durchzogen sind von grünen Adern. Statt zu diskutieren, warum wir lieber nichts ändern sollten, könnten wir unsere Städte grüner, gesünder und lebenswerter machen. Das würde ich mir als Leitbild wünschen, nach dem alle Entscheidungen ausgerichtet werden.

Wir Deutschen lieben unsere Autos und jeder Einschnitt, jede Beschränkung und jede Verteuerung erzeugt einen Shitstorm. Denn viele Pendler fahren mit dem PKW zur Arbeit und sind von den Maßnahmen unmittelbar betroffen. Aktuell kann man das in Münster beobachten, wo man eine autofreie Innenstadt plant. Die Fernsehmoderation Mai Thi Nguyen-Kim (z.B. Quarks/ARD) hat es in einem Interview auf den Punkt gebracht: alle schreien sofort los, wenn man etwas ändern will. Doch wenn man morgens in Frankfurt (oder Münster, oder auf der A40) im Stau an die Scheibe eines PKWs klopft und fragt „Sind Sie denn jetzt gerade zufrieden mit ihrer Mobilität?“ wird man wohl kaum ein „ja“ hören.

Nicht nur in Coesfeld sollten wir andere Verkehrsformen viel attraktiver machen, sodass wir das Auto aus eigenem Antrieb stehen lassen. Vorfahrt für Radfahrer/Fußgänger, Fahrradstraßen, ein massiv ausgebauter Nahverkehr, Park & Ride oder auch Leihräder – alles ist machbar.

Das Fahrradstraßenkonzept der Stadtverwaltung wurde uns im März 2021 vorgestellt. Hier gibt es bereits seit Jahren ausgezeichnete, weit fortgeschrittene Planungen, die bisher mangels Förderung in der Schublade liegen. Diese sollten wir nun rasch umsetzen, denn förderungstechnisch weht nun ein günstigerer Wind.


Immer wieder stellen wir uns hier auf unserem Blog die Frage: Wie ist der Status Quo beim Thema ökologische Nachhaltigkeit in Coesfeld und was muss und kann sich verändern? Was liegt in Handlungsfeld der Zivilgesellschaft und was muss aus der Politik erfolgen? Zum Jahresstart haben wir deswegen alle Fraktionen im Stadtrat der Stadt Coesfeld angeschrieben und die gleichen Fragen gestellt. Du interessierst dich auch für die Beantwortung dieser Fragen von den anderen Fraktionen im Stadtrat? Dann schau einfach mal hier vorbei:

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