Last updated on 12. August 2022
Woher kommt eigentlich der Boden unter unseren Füßen? Wie entsteht „Mutter Erde“, die uns ernährt? Kann man Boden herstellen? Kein Mensch, keine Wissenschaftler:in, niemand ist dazu in der Lage. Wirklich niemand? Ein unscheinbares Tier und seine Milliarden Brüder und Schwestern können es, unbemerkt unter unseren Füßen: die Regenwürmer!
Deswegen müssen wir darüber sprechen
Ohne sie wären wir alle nicht da. Es gäbe auch kein höheres Leben auf der Erde. Grund genug, sich damit einmal etwas genauer zu befassen. Schließlich hören und lesen wir öfter über die Verschlechterung der Böden und die Gefahren, die der Landwirtschaft durch die Klimakrise drohen und damit unsere Ernährungssicherheit gefährden. Dazu schreibt das Landwirtschaftsministerium NRW:
„Im Zuge der klimatischen Veränderungen und der durch die Mineralölverknappung steigenden Betriebsmittelkosten stellen Bodenschadverdichtungen mit all ihren Folgen ernste Risiken für den landwirtschaftlichen Betrieb dar. Bei verstärkten Niederschlägen im Winter und geringeren Wassermengen im Frühjahr und Sommer muss der Boden nicht nur in der Lage sein, die hohen Niederschläge zu „verdauen“, er muss auch ein möglichst guter Wasserspeicher für die trockeneren Zeiten sein. Andernfalls sind Erosion, Hochwasser und Vertrocknen oder Verfaulen der Bestände zu erwarten. Der Schutz vor Bodenschadverdichtungen ist damit Teil der Klimaanpassungsstrategie landwirtschaftlicher Betriebe.“[1]
Eine mögliche Lösung könnte darin liegen, unsere Böden wieder lockerer, durchlässiger und humusreicher zu machen – und dabei spielen die Regenwürmer eine wichtige Rolle.
Warum sind Regenwürmer so wichtig für unseren Boden?
Regenwürmer übernehmen sehr wichtige Aufgaben:
- sie leben von abgestorbenen Pflanzenteilen
- sie bauen tote Pflanzenteile ab
- sie konzentrieren Pflanzennährstoffe und machen sie verfügbar
- sie produzieren Humus
- sie neutralisieren zu sauren Boden
- sie lüften den Boden
- sie erhöhen die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens
- sie verjüngen den Boden
- sie fördern das Wurzelwachstum der Pflanzen
- sie helfen Erosion zu vermeiden (z.B. Bodenabtrag durch Starkregen und Wind) indem sie Krümelbildung und Stabilität des Bodens fördern.[2]
Sind Regenwürmer alle gleich?
Es gibt viele verschiedene Arten von Regenwürmern, die vor allem in drei Gruppen eingeteilt werden können:
- flachgrabende Arten bleiben vor allem in den oberen Bodenschichten,
- tiefgrabende Arten können mehrere Meter ins Erdreich hinein graben
- rote Kompostwürmer. Mit diesen werden wir uns im Weiteren befassen.
Wie arbeiten sie denn nun, die Würmer?
Regenwürmer fressen alte, abgestorbene Pflanzenteile, verdauen diese und scheiden die Reste als Kot wieder aus. Auf dem Rasen kannst du dieses im Übrigen sehr gut morgens beobachten: Dann finden sich hier oft kleine Häufchen Wurmlosung, also Wurmkot. Sie stammen von dem roten Kompostwurm. In der Erde werden die Gänge von den anderen Arten ebenfalls mit Kot gefüllt.
So weit, so wenig spektakulär. Interessant ist, was im Inneren der Würmer passiert. Während des „Durchganges“ konzentrieren sich die Nährstoffe. Im Inneren seines Darmtraktes hat der Wurm Drüsen, die Kalk ausscheiden können, sodass gleichzeitig der pH-Wert neutralisiert wird. Deshalb ist das, was der Wurm ausscheidet, nicht einfach nur Kot, sondern hoch konzentrierter Dünger mit bester Pflanzenverfügbarkeit und einem pH-Wert im neutralen Bereich, der den meisten Pflanzen am besten gefällt. Übrigens ist das auch das Geheimnis der sagenhaften Erde des Maulwurfshaufen. Man sagte früher, das sei die beste Aussaat- und Pflanzerde und noch heute wird sie meist von alten Leuten gesammelt. Sie stammt aus dem Bereich unterhalb der Grasnarbe, wo die Regenwurmtätigkeit am höchsten ist.
Diesen Zusammenhang hat Charles Darwin erforscht, als die Zeit der großen Reisen vorbei war und sein Ruhm durch die Erforschung der Arten und die Entwicklung der Evolutionstheorie eigentlich gefestigt war. Veröffentlicht hat er es in seinem Buch „Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer“. Man hat ihn lange Zeit dafür verspottet, bis man erkannte, dass er Recht hatte.[3]
Übrigens fühlt es sich gar nicht eklig an, einen Regenwurm in die Hand zu nehmen. Sie sind nicht so kalt und feucht, wie sie aussehen, sondern fühlen sich ganz neutral an, vielleicht kitzeln sie ein bisschen, wenn sie sich bewegen.
Drei Möglichkeiten Würmer kennenzulernen
Das Wurmglas
Hast du ein großes Glasgefäß mit mindesten 1l Inhalt? Dann kannst du beobachten, wie die Kompostwürmer arbeiten, um die es hier vor allem geht. Hierzu fülle das Glas vom Boden her mit folgenden Zutaten:
- 1 -2 cm normalem Gartenboden
- 3-5 cm mit einer Mischung, die mindestens 15 – 20 Kompostwürmer (die roten) enthält – wo du sie finden kannst erkläre ich unten noch
- 1 cm Sand, z.B. Vogelsand. Sägespäne gehen auch, aber von unbehandeltem Holz
- wenn du hast: 1 cm Pflanzenkohle (wenn nicht, macht nichts)
- obendrauf gibst du einige Zentimeter organisches Material, am besten Verschiedenes wie Grasschnitt, ein paar ältere Blätter, eine klein geschnittene (Bio-)Bananenschale, etwas Kaffeesatz oder Teeblätter. Alles muss aber ziemlich klein sein, keine großen Brocken, nichts Fettiges oder Salziges
- und dann bedeckst du das Glas mit einem feinmaschigen Netz oder einer Folie, in die du viele kleine Löcher piekst. Du befestigst es mit einem Gummiband. Dann können die Würmer nicht abhauen, aber sie bekommen Luft.
Das Wichtigste: Stelle das Glas schattig und nicht zu warm auf. Dunkelheit ist auch okay, denn UV- Licht tötet die Würmer. Nun kannst du über einige Wochen beobachten, was passiert: Bleiben die Schichten so, wie sie am Anfang waren? Siehst du, wie Würmer arbeiten oder bemerkst du, wo sie aktiv waren? Würmer sind nachtaktiv, du wirst sie also selten direkt zu Gesicht bekommen. Nach spätestens vier bis sechs Wochen oder wenn die Futterschicht verschwunden ist, solltest du das Experiment beenden und die Würmer wieder in die Freiheit entlassen – am besten da, wo du sie herhattest!
Woher du die Würmer bekommst? Du findest sie z. B. unten im Kompost, in frisch ausgesiebter Komposterde, in einem Laubhaufen, der schon eine Weile liegt, in älterem Pferdemist. Wenn du selber keinen Kompost hast, kannst du vielleicht andere Gärtner fragen – oder auf einem Pferdehof.
Die Wurmkiste
Wenn du mit dem Wurmglas fertig bist, möchtest du dich vielleicht weiter mit den Kompostwürmern beschäftigen?
Eine Möglichkeit, die Tätigkeit der Würmer zu beobachten und zugleich zu nutzen, ist die Wurmkiste. Vielleicht hast du schon mal etwas davon gehört. Du kannst Küchenabfälle umsetzen lassen und wertvollen Dünger gewinnen. Die Exkremente der Würmer sind mit menschlichen oder denen von anderen Säugetieren nicht vergleichbar, denn sie riechen nicht, aber sie enthalten Nährstoffe in konzentrierter Form. Es entsteht einmal Wurmkompost und der Wurmtee, also die flüssigen Bestandteile. Die lassen sich sehr gut als Flüssigdünger nutzen. Der Wurmkompost dagegen lässt sich mit Erde mischen und macht sie fruchtbar. Das Gute bei diesem Modell ist, dass es auch auf einem Balkon funktioniert, du brauchst nicht einmal einen eigenen Garten.
Du musst dir aber im Klaren darüber sein, dass du, wenn du Würmer in eine Kiste sperrst, damit genau so viel Verantwortung wie für andere Haustiere übernimmst. Du musst dich um sie kümmern, sie füttern und ihre Behausung in Ordnung halten. Allerdings brauchen sie doch etwas weniger Zuwendung. Du kannst sogar einige Wochen in Urlaub fahren, wenn du die notwendigen Vorbereitungen triffst.
Wurmkisten kannst du fertig kaufen oder selber bauen. Zum Selbstbau gibt es viele Anleitungen im Netz, deshalb werde ich das hier nicht im Einzelnen beschreiben. Ganz hilfreich ist zum Beispiel die Anleitung bei smarticular.
Der Wurmturm
Sollte dir das alles zu kompliziert sein oder du hast Angst, etwas falsch zu machen, aber du würdest die Superkräfte der Würmer doch gerne nutzen und fördern, gibt es noch eine andere Möglichkeit. Das ist der Wurmturm. Davon gibt es eine Reihe unterschiedliche Modelle.
Das einfachste ist ein Rohr, das du senkrecht in den Boden einlässt. Du füllst es mit Küchenabfällen und deckst es von oben ab. Unten in der Erde ist es offen, auch an den Seiten hat es Löcher. Es kann ein Abflussrohr aus Kunststoff sein oder ein Metallrohr (Achtung: keine scharfen Grate!), evtl. sogar eine alte Waschmaschinentrommel. Die Würmer kommen, wenn es ihnen dort gut geht von ganz allein. Solltest du einmal nicht nachfüttern, können sie auch wieder verschwinden und vielleicht später wieder kommen, wenn die Bedingungen wieder besser sind.
Und jetzt?
Wenn du gerne viele Regenwürmer in deinem Garten hättest, kannst du auch ohne alle Kisten und Türme so einiges tun, um sie zu fördern:
- Ein penibel aufgeräumter Garten bietet ihnen wenig Futter. Sie lieben es zum Beispiel, wenn du Laub unter den Sträuchern liegen lässt, wenn du einen Komposthaufen einrichtest, wenn du die Erde möglichst wenig umgräbst und höchstens oberflächlich lockerst.
- Eine Ecke mit einem Laubhaufen bildet für sie einen attraktiven Lebensraum. Solltest du ganz unten noch einig Stücke unbedruckte Wellpappe verstecken, betrachten sie das als Aufforderung, sich dort ungestört zu vermehren. Nach einigen Wochen findest du sicher schon eine ganze Reihe von ihnen. Allerdings werden auch die Amseln bald entdecken, dass es da Futter gibt – und so kommt langsam hoffentlich ein gutes Zusammenleben zustande.
Der Boden wird verbessert und mit Nährstoffen angereichert, aufgelockert und vor Erosion geschützt, gleichzeitig schaffst du auch für andere Lebensraum. Viel Spaß und Experimentierfreude!
Quellen
- https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/bodenschutz/bodentiere-regenwuermer.html
- https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/sonstige-arten/02265.html
- https://www.bioaktuell.ch/pflanzenbau/pflanzenbau-allgemein/boden/allgemein/regenwurm#c6927
- https://hypersoil.uni-muenster.de/1/02.htm
- https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Bildung_der_Ackererde_durch_die_T%C3%A4tigkeit_der_W%C3%BCrmer
- https://www.smarticular.net/wurmkiste-selber-bauen-bauanleitung-fuer-die-wurmfarm-auf-dem-balkon/
- https://www.wurmwelten.de/7-probleme-wurmkiste/
- http://wurmwelten.de/forum/viewtopic.php?t=552
- https://www.milkwood.net/2010/10/12/how-to-make-a-worm-tower/
- https://www.mdr.de/mdr-garten/pflegen/duengen/video-wurm-turm-bauen-wurmfarm-kompost-100.html
- https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/bodenschutz/bodentiere-regenwuermer.html
- https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/sonstige-arten/02265.html
- https://www.bioaktuell.ch/pflanzenbau/pflanzenbau-allgemein/boden/allgemein/regenwurm#c6927
- https://hypersoil.uni-muenster.de/1/02.htm
- https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Bildung_der_Ackererde_durch_die_T%C3%A4tigkeit_der_W%C3%BCrmer
- https://www.smarticular.net/wurmkiste-selber-bauen-bauanleitung-fuer-die-wurmfarm-auf-dem-balkon/
- https://www.wurmwelten.de/7-probleme-wurmkiste/
- http://wurmwelten.de/forum/viewtopic.php?t=552
- https://www.milkwood.net/2010/10/12/how-to-make-a-worm-tower/
- https://www.mdr.de/mdr-garten/pflegen/duengen/video-wurm-turm-bauen-wurmfarm-kompost-100.html
[1] siehe PDF-Broschüre als erste Quelle, ich kriege das nicht hin, sie vernünftig anzugeben!!!
[2] https://www.bioaktuell.ch/pflanzenbau/pflanzenbau-allgemein/boden/allgemein/regenwurm#c6927
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Bildung_der_Ackererde_durch_die_T%C3%A4tigkeit_der_W%C3%BCrmer√