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Robert Klein, wie funktioniert eine wirtschaftliche Transformation aus Bankenperspektive?

Robert Klein (Jahrgang 1973) ist Abteilungsleiter Kommunikation und Medien / Nachhaltigkeitsmanagement bei der Sparkasse Westmünsterland. Der Diplom Kaufmann ist nebenbei ein leidenschaftlicher Triathlet. Auf seinem Nachtisch liegt aktuell das Buch „Letters of Note – Briefe, die die Welt bedeuten“.

Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Dafür müssen wir den gesamten Gebäude- und Verkehrssektor von fossil auf erneuerbare Energien umkrempeln. Das erfordert mehr Geld und mehr Investitionen, nicht weniger. Wie kann das aus Bankensicht funktioniert?

Die Entwicklung der Wirtschaft, der Immobilien oder der Verkehrsinfrastruktur zur Klimaneutralität ist überschrieben mit dem Begriff „Transformation“. Wirklich neu ist das nicht und wir fangen nicht bei null an: Themen wie die Sanierung und Dämmung von Gebäuden oder das Einsparen von Ressourcen in Unternehmen sind schon lange ein Thema in unserer Beratung und Finanzierung. Aber ja, die Transformation hat erfreulicherweise in vielen Bereichen an Bedeutung gewonnen. Und an Dringlichkeit.

In den kommenden Jahren erwarten wir einen Investitionsbedarf in Höhe von rund zwei Milliarden Euro pro Jahr – allein für das Westmünsterland. Wir finanzieren die Transformation über Fördermittel und eigene Kredite. Unsere gesamtes Kreditvolumen basiert letztlich auf den Einlagen der Sparerinnen und Sparer und dem Eigenkapital. In beiden Kategorien sind wir stark, so dass wir eine sehr kreditstarke Sparkasse sein können und sind.

Gesetzgebung und Bankenaufsicht betrachten Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kreditvergabe und der Kapitalanlage. Wir erwarten, dass sie das Kreditgeschäft künftig noch stärker in Richtung Klimaneutralität steuern werden.

Seit einigen Jahren gibt es sogenannte ESG-Scores, die erheblich an Bedeutung im Finanzsektor gewonnen haben. Sie sollen helfen, nachhaltige Anlagestrategien zu verifizieren, auch wenn sie nicht ganz unumstritten sind. In wie weit ist das ein Thema für ihre Bank?

ESG Kriterien. Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon.

ESG-Kriterien spielen schon seit einiger Zeit vor allem bei Kapitalanlagen eine große Rolle. Bei Investmentfonds zum Beispiel muss offengelegt werden, inwiefern sie Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Eine Art Checkliste, was nachhaltig ist und was nicht, enthalten die entsprechenden Gesetze allerdings nicht.

Alle Investmentfonds der Deka, die wir anbieten, schließen bestimmte Unternehmen aus. Dies sind Hersteller von kontroversen Waffen wie Anti-Personen-Minen oder Cluster-Munition („Streubomben“) sowie Hersteller von Handfeuerwaffen. Zudem emittiert die Deka-Gruppe keine Produkte, die unmittelbar die Preisentwicklung von Grundnahrungsmitteln abbilden.

Es gibt dann Investmentfonds mit weiteren Ausschlüssen und/oder Nachhaltigkeitsmerkmalen, die eingehalten werden müssen. Fonds werden also auch nach ESG-Scores bewertet. Darüber hinaus werden Impact-Fonds angeboten, die auf eine bestimmte Wirkung abzielen.


Wie funktioniert unser deutsches Bankensystem?


In Deutschland wird bei Banken vom „Drei-Säulen-System“ gesprochen, die sich in drei verschiedene Bankentypen einteilen:

  1. Genossenschaftsbanken wie etwa die VR-Bank Westmünsterland oder die GLS Bank
  2. Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute wie die Sparkasse Westmünsterland
  3. Privatbanken wie die Deutsche Bank

Die drei Säulen des Bankensystems beziehen sich überwiegend auf die Universalbanken. Sie gehören mit den Spezialbanken zu den Geschäftsbanken.

Weitere Infos findest Du HIER.

Mehr Extremwetterereignisse bedeuten auch mehr gestörte Geschäfts- oder Lieferketten. Ein Beispiel: Wenn der Rhein nicht mehr so viel Wasser innehält, werden die Handelsschiffe dort nicht mehr verkehren können. Gestörte Lieferketten können zu einer (noch) höherer Inflation führen. Was sind die Herausforderungen aus Bankenperspektive?

Hier gibt es zwei Perspektiven. Eine Knappheit an Gütern kann zu steigenden Preisen führen und damit zur Inflation beitragen. Diese zu bekämpfen ist Aufgabe der Europäischen Zentralbank EZB, nur sie ist dazu auch in der Lage. Dabei nimmt sie auch die Klimarisiken in den Blick.

Die andere Perspektive bezieht sich auf die Unternehmen und die Kreditgeber. Ist ein Unternehmen von Lieferungen über den Rhein abhängig? Wird die Produktion bei Niedrigwasser so heftig gestört, dass es vielleicht insolvent wird? Können die Kredite dann noch zurückgezahlt werden? Solche Szenarien besprechen wir auch mit unseren Kund:innen, wir betrachten gemeinsam die unternehmerischen Risiken.

Daran schließt sich an: Wie sehr wäre die Sparkasse insgesamt davon betroffen? Risiken fortlaufend zu erfassen, zu bewerten und im Griff zu haben gehört zu den Kernaufgaben unseres Risikomanagements. Um beim Rhein-Beispiel zu bleiben, wenn dort zu wenig Wasser fließt, betrifft das die Stabilität der Sparkasse in erster Linie nicht.

Wenn wir unser gesamtes Kreditportfolio betrachten, dann können wir sagen, dass wir hier in der Region einen sehr starken und diversifizierten Mittelstand haben. Solch eine Streuung stabilisiert die Wirtschaft. Regionen, die von einer Branche besonders abhängig sind, haben es da schwerer.

Kommen wir nun zu ihrer Bank – der Sparkasse: Was ist ein nachhaltiges Finanzwesen für Sie? Wie definieren Sie und ihre Bank „grüne“ Finanzprodukte?

Unsere Definition heißt Transformation. Denn auch im Kreditgeschäft befassen wir uns mit Nachhaltigkeitskriterien, ihren Risiken und auch ihren Chancen. Im Vordergrund stehen ökologische Aspekte, Soziales und die Fragen der Unternehmensführung sind jedoch auch Themen.

Besteht also für ein Unternehmen ein erhöhtes Risiko, weil zum Beispiel der Standort von Hochwasser gefährdet ist? Oder hat es ein neues nachhaltiges Produkt oder Verfahren entwickelt, das gute Erfolgschancen auf dem Markt hat? Wir gehen diese Analyse strukturiert und Schritt für Schritt an, indem wir mit unseren Kund:innen Gespräche führen. Ausgeschlossen haben wir übrigens die Finanzierung von Unternehmen, die international geächtete Waffen wie Streubomben oder Landminen herstellen.

In den kommenden Jahren werden weitere Unternehmen verpflichtet sein, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Diese werden perspektivisch in die Bewertung von Emissionen, sozialen Komponenten und die Corporate Governance einfließen. 

Es gibt Banken, bei denen es einen sehr transparenten Katalog an Ausschlusskriterien für Kredite und Investitionen gibt. Damit möchten diese Kreditinstitute sicherstellen, dass besonders umweltschädliche oder menschenverachtende Branchen kein Geld bekommen. Zum andern haben sie Positivkriterien, mit denen sie entscheiden, welche Projekte unterstützenswert sind, um eine positive Wirkung mit dem Geld zu erzielen. Klingt nach einem effektiven Weg – was sagen Sie?

Das klingt etwas danach, dass alle anderen keine Maßstäbe hätten. Das ist natürlich nicht der Fall. Sie sprechen Kreditinstitute an, deren Geschäftsmodell nur auf ganz bestimmte nachhaltige Finanzierungen ausgerichtet ist. Das kann man machen, führt aber dazu, dass bei einem mir bekannten Anbieter das Kreditvolumen in ganz Deutschland so hoch ist wie unseres allein im Westmünsterland. Mit anderen Worten: Würden alle diese engen Kriterien anwenden, wäre es hier schnell ziemlich dunkel.

Unser Ansatz ist die Transformation: Unser Ziel ist der Weg. Was soll zum Beispiel mit dem ganzen Immobilienbestand passieren, der ja schon da, häufig aber noch nicht ausreichend modernisiert ist? Abreißen und neu bauen ist finanziell und ökologisch sicher nicht ratsam und auch nicht unproblematisch. Modernisieren ist in den meisten Fällen empfehlenswerter.

Und wer finanziert beispielsweise den ÖPNV oder Stadtwerke? Ja, Busse fahren noch mit Diesel, Gas wird noch zum Heizen genutzt. Das lässt sich nicht einfach von heute auf morgen abstellen. Unser Punkt ist, mit der nötigen Ernsthaftigkeit an der ressourcenschonenden und klimafreundlichen Umstellung zu arbeiten und zugleich die Machbarkeit im Blick zu behalten.

Bis wann möchte die Sparkasse Westmünsterland CO2 neutral sein und wie wird der Weg sein?

Wir haben uns der Selbstverpflichtung für klimafreundliches und nachhaltiges Wirtschaften des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) angeschlossen. Es beinhaltet auch, bis 2035 CO2-neutral im eigenen Geschäftsbetrieb zu sein und jedes Jahr mindestens drei bis fünf Prozent CO2 einzusparen. Wir haben ein Nachhaltigkeitsmanagementteam gebildet, ein Konzept entwickelt und besprechen entsprechende Maßnahmen hierzu, die wir natürlich auch umsetzen. Das Team schaut sich unter anderem an, wo Ressourcen eingespart werden können, sei es Papier, Kurierfahrten oder Energie. Zum Beispiel werden unsere Geldautomaten nachts abgeschaltet. Sie bleiben also nicht nur im Standby-Modus, sondern werden komplett ausgeschaltet. Durch all diese Maßnahmen konnten wir seit 2015 bereits 605 Tonnen CO2 einsparen.

>> Surftipp: Nachhaltigkeitsbericht der Sparkasse Westmünsterland <<

Die meisten Emissionen entstehen bei uns im Bereich der Heizenergie. Allerdings sind wir an sehr vielen Standorten Mieter und daher von den Vermietern abhängig, was die Energieversorgung betrifft. Für einen unserer eigenen größeren Standorte planen wir für 2024 die Eigenversorgung mit Strom über Photovoltaik. Eine weitere Maßnahme ist die Umstellung auf Ökostrom, das ist in vollem Gange.

Als Bank arbeiten sie im Dienstleistungssektor. Ihr ökologischer Fußabdruck entsteht also auch durch Verhaltensweisen ihrer Mitarbeitenden. Wie fördern Sie umweltfreundliches Verhalten? Wie präsent ist dies Thema bei ihren Mitarbeitenden?

In unserem Intranet haben auch Nachhaltigkeitsthemen ihren Bereich. Nach innen wirkt auch unsere externe Kommunikation zur Nachhaltigkeit.

Jedes Jahr führen wir einen internen Unterricht für unsere Auszubildenden durch. Dort schulen wir sie auch zur Nachhaltigkeit. Im dritten Ausbildungsjahr gibt es zusätzlich ein Projekt, in dem die Azubis zum Beispiel Stromspartipps erarbeitet haben.

Das Angebot Jobrad wird von fast 10 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genutzt. Das mobile Arbeiten reduziert Fahrtwege und auch bei der Planung von Dienstreisen wird deutlich: Man muss nicht mehr so viel unterwegs sein. Vieles geht online.  

Zweimal haben wir in diesem Jahr auf unserer Spendenplattform zu Spenden für nachhaltige Projekte aufgerufen. Wir haben insgesamt 80.000 EUR zur Verfügung gestellt und es sind weitere 80.000 EUR an Spenden hinzugekommen.

Seit den 1990er Jahren unterstützen wir das Biologische Zentrum für den Kreis Coesfeld. Es ist eines unserer langfristigsten und umfangreichsten Förderprojekte, das übrigens als Regionalzentrum des NRW-Landesnetzwerks „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ anerkannt ist.

An der Westfälischen Hochschule Bocholt haben wir gemeinsam mit einigen anderen Förderern eine Anschubfinanzierung für den Bachelor-Studiengang „Sustainable Engineering and Management“ geleistet.


Wir durften mit den beiden großen Bankinstituten des Münsterlandes sprechen. In unseren Gesprächen tauchen wir in die Welt der Finanzinstitute, insbesondere der Sparkasse und der Volksbank, ein, um Einblicke und Ausblicke in die aktuellen Entwicklungen der ökologischen Nachhaltigkeit zu erhalten.

<< Berthold te-Vrügt von der VR-Bank Westmünsterland >>

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