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Schottergärten – wie ökologisch wertvoll sind sie wirklich?

Last updated on 25. März 2022

Der Vorgarten ist die Visitenkarte des Hauses, heißt es oft. Da würde man sich wünschen, dass er einladend aussieht, freundlich und fröhlich. Stattdessen entsteht bei vielen Vor“gärten“ der Eindruck, abgewiesen zu werden: gepflastert, geschottert, versteinert, kahl, ungeliebt und unbelebt. Aber wie sieht es sonst mit Schottergärten aus – welche Bedeutung haben sie für die Natur, für das Klima und für unser Wohlergehen?

Deswegen müssen wir darüber sprechen

Schottergärten sind äußerst beliebt gewesen im letzten Jahrzehnt. Es ging die Mär, sie seien pflegeleicht. Manche fanden sie auch einfach schick, weil sie so minimalistisch aussehen, so aufgeräumt, scheinbar leicht zu gestalten mit wenigen Schwerpunkten und viel Fläche rundherum.

Ob ein Schottergarten angelegt werden darf, regelt meist die jeweilige Landesbauordnung. Es handelt sich jedoch oft um Empfehlungen und Verweise. Baden-Württemberg, Hamburg und Schleswig-Holstein haben Schottergärten verboten. Seit März 2021 hat sich dem auch Sachsen-Anhalt angeschlossen. Wer sich dort dennoch einen neuen Schottergarten anlegt, muss mit einem Bußgeld rechnen.[1]

Was ist ein Schottergarten?

Definition Schottergarten: Ein Schottergarten besteht hauptsächlich aus Steinen, meist Schotter (zerkleinertes, oft scharfkantiges Gestein), manchmal auch Kies. Eine Folie schließt den Unterboden dicht ab, sodass von unten keine Pflanzen aufwachsen können. Die Bepflanzung besteht vorwiegend nur aus einzelnen, oft immergrünen "Formgehölzen".
Ein Steingarten kann einen guten Beitrag zur ökologischen Vielfalt bieten.

Verwechselt wird es manchmal mit einem Steingarten – einem Lebensraum für alpine Pflanzen, Insekten und Tiere – oder einem Präriegarten, bei dem auf einem steinig – durchlässigen Boden trockenheitsresistente Pflanzen üppig blühen und Insekten anlocken. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass die Verbindung zum Boden beim Schottergarten abgesperrt ist. Deshalb wirken Schottergärten nicht nur oft tot, sie sind es eigentlich auch.

Welche Nachteile hat ein Schottergarten?

  1. Ein Schottergarten ist nicht pflegeleicht. Zwischen den Steinen sammelt sich Laub und Staub, nach ein paar Jahren siedeln sich unerwünschte Pflanzen und Moose doch an, sind wegen der Steine schwerer zu entfernen als im Gartenboden. Der Garten sieht schnell vernachlässigt und unansehnlich aus – es sei denn, man geht mit Maschineneinsatz, Brennern oder Gift dagegen an.
  2. Schottergärten haben eine schlechte Klimabilanz und sind teuer. Durch die Gewinnung und den Transport des Materials werden Unmengen an CO₂ freigesetzt. Material und Transport sind kostenintensiv.
  3. Schottergärten sind schlecht fürs Kleinklima. Im Sommer heizen sich solche Flächen stark auf, auch nachts strahlen sie die gespeicherte Hitze noch ab und heizen die Umgebung zusätzlich auf. Bei starkem Regen kann kein Wasser versickern, es muss über die Straße in die Gullys ablaufen und überlastet zusätzlich die Kanalisation. Überschwemmungen und vollgelaufene Keller können die Folge sein.
  4. Schottergärten schädigen den Boden. Durch die Folie, die unter dem Schotter aufgebracht wird, schließt man den Boden vom Wasserkreislauf und der Belüftung aus. Er vertrocknet und bildet keinen Lebensraum mehr. Das Gewicht des Schotters verdichtet den Boden zusätzlich und nimmt ihm und den Lebewesen darin die letzte Luft zum Atmen. Der Boden ist damit versiegelt und so gut wie tot.
  5. Schottergärten sind biologisch fast tot. Selbst eine Wüste bietet mehr Lebensraum! Tiere werden bei solcher Art „Gartengestaltung“ die Flucht ergreifen. Käfer und Insekten finden keine Lebensmöglichkeit, Vögel keine Nahrung.

Vergleicht man diese Punkte mit der Liste der Probleme, die wir uns mit dem Klimawandel gemacht haben, ist die Übereinstimmung erschreckend: Überhitzung, Überflutung, Artensterben – zu allem trägt der Schottergarten seinen Teil bei, mag der im Einzelnen auch noch so klein sein.

Was kann ein ökologisch wertvoller Vorgarten?

Der naturnahe Garten
  1. Er verbessert das Kleinklima. Pflanzen kühlen die Luft im Sommer ab.
  2. Er ist gut für den Boden. Der ist lebendig, kann Wasser aufnehmen und speichern und kühlt dadurch ebenfalls.
  3. Er verbessert die Luftqualität. Pflanzen reinigen die Luft von Feinstaub und produzieren Sauerstoff.
  4. Er stellt einen Rückzugsort für Tiere dar. Ein blühender Garten bietet für Insekten, wie Schmetterlinge und Bienen, wichtige Nahrung und Lebensraum. Aber auch Vögel finden dort Nahrung: Sämereien und Insekten.
  5. Er verbessert die Lebensqualität. Bunte Farben und herrlicher Duft sorgen für ein angenehmes Wohnumfeld. Ein bunter Garten wird mit den Jahren noch schöner.
  6. Er macht nicht viel Arbeit. Auf die Dauer macht ein gut eingewachsener Staudengarten sogar weniger Arbeit. Unerwünschte Wildkräuter finden kaum noch Platz. Und Gift brauchst du dafür garantiert nicht.

Wie kommt mein Schottergarten wieder zum Leben?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen ehemaligen Schottergarten wieder zum Leben zu erwecken.

Muss ich Schotter und Folie entfernen?

Ja, bei den meisten Vorschlägen solltest du zumindest die Folie komplett entfernen. Denn sie würde ja die Bepflanzung vom Boden trennen und damit eine Belebung verhindern. Für die am wenigsten aufwendige Methode solltest du die Folie mindestens teilweise entfernen und den Rest mehrfach mit großen, kreuzweisen Schnitten durchlöchern. Wenn du dann die Hohlräume im  Schotter mit Sand und Kompost auffüllst und die Fläche mit Fetthenne, Hauswurz, Sedum und anderen Dickblattgewächsen bepflanzt, hast du bereits etwas mehr Leben drin. Aber besser ist es schon, wenn die Folie wegkommt.

Kann ich den Schotter für das Beet wieder verwenden?

Der NABU hat dazu folgenden Vorschlag: Für den Rückbau einer Schotterfläche muss der Schotter entfernt und kann dann einfach als Steinhaufen für Eidechsen und Insekten wiederverwendet werden. Wichtig hierbei ist, dass die Steine nicht zu scharfkantig sein dürfen. Dann den Kies einfach in Hügeln für die Tiere anordnet.

Auch die Folie oder das Vlies muss entfernt und der Boden entweder umgebrochen und mit Kompost wiederbelebt werden, wenn er stark verdichtet ist, oder aber er kann mit Tiefwurzlern wie Buchweizen eingesät werden. Diese lockern den Boden und versorgen ihn mit Nährstoffen.

Einen optimalen Zeitpunkt für den Rückbau gibt es im Übrigen nicht. Lediglich die Pflanzenauswahl kann an den Zeitpunkt angepasst werden. Winterharte Gründüngung mit tiefen Wurzeln schafft das Lockern des Bodens auch über die kalte Jahreszeit. Im Frühjahr oder Herbst kann dann der Garten neu bepflanzt werden.

… für eine Kräuterspirale

Nachdem du den Schotter beiseite geräumt hast und die Folie entfernt, lockerst du den Boden etwas auf. Für den Aufbau der Spirale kannst du den Schotter zumindest teilweise verwenden, indem du ihn im Inneren der Kräuterspirale verbaust. Eine Anleitung findest du in unserem Beitrag zum Thema „Permakultur und die Kräuterspirale“.

… für eine Wildblumenwiese

Die Folie wird entfernt, der Schotter bleibt und wird mit etwa 50 l ungewaschenem Sand oder Kiessand pro Quadratmeter aufgefüllt, sodass die Lücken zwischen den Steinen aufgefüllt werden. In die oberen 10 cm arbeitet man ca. 20 l gut verrotteten Kompost pro Quadratmeter ein und harkt die Fläche glatt. Boden und Kompost sollten unkrautfrei sein.

Jetzt ist der Boden bereit für eine Wildblumensamenmischung für bunte, magere Wiesen. Aussäen, andrücken, drei Monate lang feucht halten und ungewünschte Beikräuter jäten. Einmal angewachsen, braucht das neue Beet kaum Pflege und erhält sich durch Selbstaussaat. Für den schnellen Blüherfolg pflanzt  ihr  zusätzlich Wildstauden, die gut mit Trockenheit zurechtkommen. (www.nabu.de/schottergarten)

Und wenn ich Folie und Schotter komplett entferne?

Dann bekommst du so ein ganz normales Gartenbeet. Schotter und Folie werden komplett entfernt, der Boden gelockert und mit einer Schicht Mutterboden aufgefüllt, in die du gerne etwas groben Sand mischen kannst, damit er durchlässiger wird. Obendrauf brauchst du ca. 20 l Komposterde pro Quadratmeter, die du  einharkst. Danach kannst du hier wie überall sonst im Garten wieder pflanzen. Wenn du Stauden wählst, die Trockenheit gut vertragen und Insekten anlocken, hast du selbst nur am Anfang Arbeit mit dem Gießen (bis zum Anwachsen) und du trägst aktiv zum Natur- und Klimaschutz bei. Geeignete Pflanzen sind zum Beispiel Schafgarbe, Duftnessel/Anisysop, Perlkörbchen, Bergaster, Glockenblume, Spornblume, Bergkamille, Wolfsmilch, Katzenminze und Oregano.

Viele beliebte Mittelmeerkräuter fühlen sich in einer solchen Umgebung auch wohl: Thymian, Lavendel, Ysop, Currykraut, Salbei. Oder du legst gleich eine Kräuterspirale an?

Dauerhaft pflegearm ist auch eine Bepflanzung mit Bodendeckern wie Polsterphlox, Sonnenröschen, Polster-Thymian, Mittagsblume, Kissenaster. Sollte der Bereich schattiger sein, eignen sich Buschwindröschen, Gedenkemein, Golderdbeere oder Elfenblume. Sie wachsen mit der Zeit zusammen und lassen gar keinen Platz mehr für unerwünschte Wildkräuter.

Und jetzt?

Jetzt kannst du ja mal überlegen, welche dieser verschiedenen Möglichkeiten für dich infrage kommt, oder du kannst deinen Nachbarn etwas davon erzählen und ihnen vorschwärmen, welche tollen Ideen es gibt für einen nachhaltigen, klimafreundlichen und Insekten schützenden Rückbau eines Schotterbeetes. Vielleicht kannst du ja sogar deine Hilfe anbieten?

„Genauso schnell, wie sie gekommen sind, sollten sie auch gehen, die Schottergärten. Stattdessen kann jeder und jede dazu beitragen, den Gedanken einer pflegeleichten und wunderschönen Pflanzung in den Vorgärten dieser Lande zu verbreiten. Information ist alles und so sollten es Nachbarn untereinander teilen, wenn sie praktische UND nützliche Alternativen zum Schotter gefunden haben.“

NABU

Dem habe ich nicht mehr viel hinzuzufügen. Außer: Wenn schon der Vorgarten die Visitenkarte des Hauses ist, dann sollte sie einladend wirken!   


Quellenangaben

  • https://www.mein-schoener-garten.de/gartengestaltung/gartenideen/schottergarten-
  • 41509https://www.flickr.com/photos/190218914@N02/?
  • https://utopia.de/ratgeber/schottergarten-deshalb-sollte-er-deutschlandweit-verboten-werden/
  • https://utopia.de/ratgeber/kraeuterspirale-bauen-und-bepflanzen-darauf-musst-du-achten/
  • https://www.smarticular.net/bienenfreundiche-stauden-staudenbeet-pflanzen-insektenfreundlich-herbst/
  • https://www.smarticular.net/bluehende-bodendecker-winterhart-halbschatten-schatten/
  • https://www.smarticular.net/wildblumen-wildstauden-beet-heimische-blumen-neophyten/
  • https://www.smarticular.net/insektenfreundlicher-garten-pflanzen-stauden-insektenhotel-teich/
  • https://www.lwk-niedersachsen.de/lwk/news/35780_Trockenheitsvertr%C3%A4gliche_Stauden
  • https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/planung/26658.html
  • https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/planung/26659.html
  • https://www.rnd.de/bauen-und-wohnen/garten-verschoenern-so-laesst-sich-ein-schottergarten-wieder-in-einen-naturgarten-umwandeln-JSHRTFKGONFUVBFLKLTG7GC3OQ.html

[1] https://utopia.de/ratgeber/schottergarten-deshalb-sollte-er-deutschlandweit-verboten-werden/

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