Last updated on 26. November 2021
Hans-Georg Berger (1962) arbeitet als Fachplaner für gebäudetechnischen Brandschutz im Vertrieb. Gemeinsam mit seiner Frau lebt der 3-fache Vater in Borken. Er gehört zu der stärksten Wählergruppe der Bundestagswahl. Mit ihm und seinem Sohn Felix durfte Susanne am Anfang des Monats ein Interview führen. Denn Felix Berger (2000) darf bei der Bundestagswahl am 26.09.2021 das erste Mal mitwählen. Felix studiert Maschinenbau in Aachen.
Auf einer Skala von 1 (nicht wichtig) und 10 (sehr wichtig): Wie wichtig ist euch das Thema Klimaschutz bei der diesjährigen Wahl? Und was sind insgesamt eure 3 wichtigsten Themen?
Felix: Klimaschutz ist ganz klar eine 10 bei mir. Danach … etwas schwer zu sagen…sehe ich die Punkte Rente. Als drittes würde ich Digitalisierung sagen, wenn ich überlegen müsste, was mich quasi direkt betrifft. Obwohl ich soziale Themen auch wichtig finde.
Hans-Georg: Für mich hat Klimaschutz auf einer Skala so 8 bis 10. Danach käme bei mir auch das Thema Rente, weil ich ja dahin nicht mehr so lange habe. Ich komme wahrscheinlich ja noch in den Genuss der gesetzlichen Rente. Ich frag mich aber schon, wie diese Themen in Zukunft aussehen – auch für Felix. Soziale Gleichbehandlung. Die Jüngeren wie Felix bekommen keine Rente mehr – wie will man das aufteilen? Wer macht sich darüber eigentlich mal Gedanken, wenn die Jüngeren sich selber kümmern sollen?
Felix: und wie will man das finanzieren?
Georg, hat sich bei dir die Gewichtung deiner für dich relevanten Themen in den letzten Jahren verändert? Vielleicht auch beim Thema Klimaschutz? Wird dir das Thema wichtiger, je älter du wirst?
Ich bin in einem kleinen Dorf in Marbeck aufgewachsen. Da war noch so ziemlich heile Welt. Meine Frau war schon wesentlich früher als ich mit den Thema Umwelt und Frieden vertraut. Die hat mich schon beeinflusst.
Ich glaube, das Thema hat sich für mich, auch altersbedingt, schon etwas verändert. Mit dem Alter kam aber auch die Überzeugung, dass man das Thema Klima nur Stück für Stück machen kann. Man muss Kompromisse schließen. Man kann nicht sofort den Hebel umlegen. Das wird nicht funktionieren. Früher wäre ich aber auch – das ist der Fund der Jugend – radikaler gewesen. Mit dem Alter wird man kompromissbereiter.
Natürlich ist mir das Thema aber wichtig. Ich hab drei Kinder, die hoffentlich ja mal wiederum Kinder haben werden.
Georg Berger
Felix: Ich würde aber auch sagen, trotz meines zarten Alters, dass ich den Radikalismus überwunden habe. Ich glaube, radikale Positionen funktionieren nicht. Das muss man manchmal aber auch schmerzlich erfahren im Leben. Alles ist ein Kompromiss.
Aber trotzdem sehe ich die Notwendigkeit, dass es ein schnelles Umdenken geben muss. Es spricht ja niemand davon, dass es von heute auf morgen keinen Strom mehr gibt. Solange bis wir grünen Strom machen. Aber man sollte die ganze Sache schon beschleunigen und sich an das Pariser Klimaabkommen halten!
Und im Endeffekt sehe ich auch einfach den wirtschaftlichen Faktor. Das Beratungshaus McKinsey hat Anfang des Jahres ein Gutachten erstellen lassen. [1] Die schätzen, dass die Investitionen, die benötigt werden, um Deutschland klimaneutral zu machen, bei etwa auf 5 bis 6 Billionen Euro liegen… ABER: Durch jegliche Verspätung und die Folgen der Klimakosten werden diese Kosten trotzdem größer. Im Endeffekt ist es also die langfristig finanziell sinnvollste Option, so schnell wie möglich Klimaschutz zu betreiben. Und auch für Deutschland als Wirtschaftsstandort. Und daran bin ich natürlich als angehender Maschinenbauer auch interessiert.
Felix, was sagt dein Gefühl: Nehmen die Boomer Jahrgänge die Tragweite ihrer Wahl wahr? Und wie nimmt deine Altersgruppe das wahr?
Felix: Ich glaube, dass viele in meiner Altersgruppe ihre Eltern sensibilisieren konnten: Es ist wirklich Zeit. Da muss jetzt ein Aufbruch geschehen.
Politik wird halt für die wahlgangsstärksten Jahrgänge gemacht. Ich habe nicht das Gefühl, dass alle sich darüber einig sind, dass Klimaschutz ein sehr wichtiges Thema ist. Bei vielen ist die Brisanz nicht so klar. Das sind vielleicht auch viele, die selber keine Kinder haben. Denen ist das egal.
Wir kommen aus der Ära Merkel nach 16 Jahren Kanzlerinnenschaft. Habt ihr beide das Gefühl, dass sich da viel tut und dass es eine gute Auswahl an Möglichkeiten gibt? Auch im Bezug auf Klimaschutz?
Felix: Ich glaube schon, dass allgemein klar ist, dass dies jetzt eine ganz ungewöhnliche Situation ist. Seit Adenauer ist es das erste Mal, dass der amtierende Kanzler sich nicht mehr zur Wahl stellt. Und jetzt werden die Karten komplett neu gemischt. Aber ich vermisse die fachliche Auseinandersetzung bei den klimapolitischen Fragen. Ich habe bei einer Partei das Gefühl, dass sie Antworten auf ein Teil der drängenden Fragen hat. Eine weitere Partei versucht, einen emotionalen Wahlkampf zu führen und dementsprechend hat diese Partei auch kein Wahlprogramm. Auch deswegen würde ich unterstellen, dass das Thema nicht so ernst genommen wird, wie es werden sollte. Eine dritte Partei lässt zu wünschen übrig, die einfach versucht, allen ein bisschen zu bieten.
Mir fehlt der Mut der Politiker:innen – das ist die entscheidende Wahl. Wir müssen jetzt die Weichen stellen für die nächsten 30 Jahre und trotzdem wird nur Politik für die wahlentscheidende Zielgruppe gemacht. Darüber bin ich schon sehr enttäuscht.
Felix Berger
Hans-Georg: Das dies eine neue Ausgangssituation ist, das ist mir auch bewusst. Deswegen habe ich mir auch viele Wahlprogramme angeschaut. Da waren dann vielleicht super Sachen beim Klima dabei, aber der soziale Rahmen, der mir auch wichtig ist, den konnte ich dann nicht teilen. Theoretisch dürfte ich da das Kreuzchen ja dann gar nicht machen, weil ich mir dann ja selber schaden würde. Umgekehrt muss ich mir natürlich aber auch die Frage stellen: Was wird wirklich umgesetzt? Und da gebe ich Felix schon Recht, was die Parteien angeht. Zu mindestens in einem bestimmten Fall. Aber ich fühl mich schon beeinflusst, was das Thema Klimawandel angeht. Genau deswegen habe ich mich ja noch einmal neu informiert.
Habt ihr bereits gewählt?
Georg: Ich werde per Briefwahl wählen und einfach einwerfen.
Felix: Ich werde ins Wahllokal gehen.
Am 26. September 2021 sind Bundestagswahlen. Wenn auch dir das Thema Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft deiner Kinder und Enkelkinder am Herzen liegt, dann geh bitte wählen! Machen wir diese Wahl zu einer Klimawahl! Vielleicht macht genau deine Stimme hierbei den entscheidenden Unterschied.
Quellenangaben:
[1] https://www.mckinsey.de/news/presse/studie-net-zero-deutschland-klimaneutralitaet-chancen-herausforderungen