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Nachhaltige Mehrwegverpackung: Eine große Chance für unsere Gastronomie

Last updated on 21. Juni 2023

Der schnelle Kaffee, 5 Minuten Genuss und schon landet er im Müll oder in der Umwelt.  Der To-Go-Becher. Die Zahl der Verbraucher:innen, die besonders häufig oder gelegentlich zu Coffee-to-go-Bechern greift, liegt laut dem DUH deutschlandweit inzwischen bei 58 Prozent. 

Deswegen müssen wir darüber sprechen

Allgemein lag das Müllaufkommen laut ZDF im Jahre 2017 bei 18,7 Millionen Tonnen. 47,2 Prozent aller Verpackungsabfälle fielen im privaten Endverbrauch an:

  • 93.000 Tonnen waren 2017 Verpackungsmüll für frisches Obst und Gemüse, denn 63 Prozent waren bereits vorverpackt.
  • Nahrungsmittel, Getränke und Heimtierfutter führten im Jahr 2017 zusammen zu etwa 62,3 Prozent des Verpackungsverbrauchs privater Endverbraucher.
  • Der Verbrauch von Papierverpackungen im Versandhandel nahm von 1996 bis 2017 um 708 Prozent zu, da zusätzlich zur Primärverpackung weitere Versandverpackungen entstanden.
  • Der Verbrauch von Serviceverpackungen (Außer-Haus-Verbrauch) in der Gastronomie legte von 2000 bis 2017 um 275 Prozent zu.

Laut der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), die die Daten im Auftrag des NABU erhoben hat, fielen 2017 in Deutschland hierbei 346.419 Tonnen an Abfall für Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen an. Die Branchen, die diese To-Go-Verpackungen in den Verkehr bringen, teilen sich laut des NABU folgendermaßen auf:

Zum einen sind Einwegprodukte ein großes Problem, weil die Länge der Nutzung in keinem Verhältnis zur Verrottungsdauer steht. Ein Strohhalm benötigt 200 Jahre zum verroten. Ein Styroporbecher 5 Jahre. 5 Jahre für 5 Minuten Kaffeegenuss! Zum anderen wird das Müllaufkommen in diesem Bereich gerade in Coronazeiten nicht weniger. 

Was macht die Politik dagegen?

Laut der Bundesregierung wird es im Jahre 2023 ein Verbot geben. Verboten werden sollen folgende Einmal-Gegenstände:

Quelle: Bundesregierung
  • Einweg-Besteck (Gabeln, Messer, Löffel)
  • Teller
  • Trinkhalme („Strohhalme“)
  • Rührstäbchen
  • To-Go-Becher
  • Fast-Food-Verpackungen und Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor
  • Wattestäbchen
  • Luftballonstäbe aus Kunststoff

Was bedeutet das Plastikverbot im To-Go-Bereich?

Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs oder To-Go-Getränke verkaufen, sind ab 2023 verpflichtet, ihre Produkte auch (also ggf. zusätzlich zu Einwegverpackungen) in Mehrwegverpackungen anzubieten. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-Go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen.

Wer muss die Mehrwegpflicht aus dem Verpackungsgesetz einhalten?

Die neue Mehrwegangebotspflicht nach Paragraf 33 des Verpackungsgesetzes richtet sich an Letztvertreiber von Lebensmittelverpackungen und Bechern aus Einwegplastik. Das sind diejenigen, die mit Essen oder Getränken befüllte To-Go-Verpackungen an Verbraucher:innen verkaufen, also in der Regel die Gastronomiebetriebe, wie zum Beispiel Restaurants, Cafés, Bistros, aber auch Kantinen und Cateringbetriebe.

Von der Pflicht ausgenommen sind zum Beispiel Imbisse, Spätkauf-Läden und Kioske, in denen i nsgesamt fünf Beschäftigte oder weniger arbeiten und die eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Aber sie müssen den Kund:innen ermöglichen, deren eigene Mehrwegbehälter zu befüllen. Ketten, wie zum Beispiel Bahnhofsbäckereien, können von der Ausnahme für kleine Unternehmen keinen Gebrauch machen. Zwar mag ihre Verkaufsfläche kleiner als 80 Quadratmeter sein. Aber wenn im gesamten Unternehmen insgesamt mehr als fünf Beschäftigte arbeiten, gilt die Ausnahme nicht für sie. Das aktuelle Verpackungsgesetz findet ihr im übrigen auch im Netz.

Gilt die Mehrwegverpackung auch für Lieferdienste wie Lieferando & Co.?

Nein, nicht direkt. Die Mehrwegpflicht gilt für Gastronomiebetriebe, die mit Essen oder Getränken befüllte To-Go-Verpackungen verkaufen. Demnach gilt sie nicht für Lieferdienste. Allerdings arbeiten Lieferdienste Hand in Hand mit Restaurants und werden künftig auf das Mehrwegangebot auf ihrer Plattform nicht verzichten können. Denn Lieferdienste sind Dienstleister für Gastronomen, die ihre Speisen und Getränke auf der Plattform eines Lieferdienstes anbieten. Diese müssen den Verbraucher:innen eine Mehrwegoption anbieten und darauf deutlich hinweisen. Bei Verstoß drohen empfindliche Strafen. Im Ergebnis werden Gastronomen nur solche Lieferdienste nutzen, die auf ihrer Plattform auf die Mehrwegoption hinweisen.

Für die Verbraucher:innen wird es keinen Unterschied machen, ob sie ihr Essen vor Ort abholen oder per Internet bestellen und sich nach Hause bringen lassen: In allen Fällen müssen sie zukünftig die Möglichkeit haben, Mehrweggeschirr und -becher zu wählen. (Leseempfehung für Experte: Verpackungsgesetz-Novelle)

Was sollte die Gastronomie jetzt machen?

Sie sollte ein einheitliches Pfandsystem für To-Go-Produkte einführen. Wichtig hierbei ist das Wort „einheitlich“, um den Gastronomiebetrieben und den Verbraucher:innen tatsächlich zu helfen. Dies könnten sein:

  1. Metalldosen. Diese sind zwar langlebig, aber nicht mikrowellengeeignet und benötigen eine hohe Herstellungsenergie.
  2. Langlebige Kunststoffdosen aus GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff). Leider kann dieser Kunststoff nicht recycelt werden und hilft somit auch nicht der Umwelt. 
  3. Bambusgeschirr. Diese Art wird in der letzten Zeit immer häufiger als nachhaltig angepriesen. Nur ist es nicht ratsam einen Stoff wie Bambus, der biologischen Ursprungs ist, mit gesundheitsschädlichem Melamin und nicht recycelbarem Kunststoff aus Maisstärke zu vermischen. Folglich können solche Produkte nicht biologisch abgebaut werden und müssen, wie generell ein sehr hoher Anteil an Kunststoffen, „thermisch verwertet“ werden – ein schöneres Wort für verbrannt. Die Schlacke und die Filterstäube werden dann auch noch „verwertet“, oder besser gesagt, Bergwerkstollen werden damit abgestützt, was langfristig zu einer Rohstoffverknappung führen wird. 
  4. reines Polypropylen. Sie sind zwar nicht ganz so langlebig, dafür aber deutlich besser recycelbar und somit besser für unsere Umwelt.

Wie sieht eine nachhaltige Mehrwegverpackung aus und gibt es hierfür schon Anbieter?

Das Konzept ist simpel: Die Verbraucher:innen leihen sich gegen einen Aufpreis eine Mehrwegbox, genießen das Essen umweltfreundlich „to go“ unterwegs, im Büro oder zu Hause und können die Box dann bei einem beliebigen Restaurant in der eigenen Stadt zurückbringen. Entweder gegen den Pfand oder eine saubere Mehrwegbox. 

  • reCIRCLE ist das größte Mehrwegsystem im deutschsprachigen Raum für Essen „to go“. 
  • REBOWL ist ein weiterer Anbieter von Mehrweg-Boxen, der sogar günstiger vom Pfand her ist. Ausserdem verwendet Rebowl auch reines Polypropylen, welches, wie oben beschrieben, besser recyclebar ist.
  • VYTEL wird gerade in Münster aufgebaut. Allerdings ist das Prinzip etwas anders. Hier lädst du dir die App herunter. Im Restaurant bestellst du dein Essen und zeigst den QR Code in der App/auf der Mitgliedskarte.

Was würde dieses Pfandsystem für Gastronomie und Verbraucher:innen kosten?

Nehmen wir einfach mal den Anbieter Rebowl, um ein praktisches Beispiel zu geben. Laut dem Hersteller ersetzen ein Mehrwegbecher bis zu 1.000 Einwegbecher und eine Mehrwegschale bis zu 200 Einwegverpackungen:

  • Der Gastronomiebetrieb bezahlt monatlich eine fixe Systemgebühr. Nehmen wir hierbei an, er entscheidet sich für 12 Monate und nutzt Becher sowie Geschirr. Dann sind dies 31 EUR im Monat. Das entspricht 1EUR Systemgebühr am Tag. Laut Rebowl lohnt sich dieses Pfandsystem rein rechnerisch ab 3 Gerichten oder 15 To-Go-Bechern pro Tag. Das Pfand für die Becher und Schalen s tellt für die G astronom:innen hierbei lediglich einen durchlaufenden Posten dar, sprich der Betrieb zahlt den Pfand und gibt diese Kosten an die Verbraucher:innen weiter. Alle Pfandprodukte bleiben im Besitz des Verleihers und werden somit von den Gastronom:innen für die Nutzung geliehen.
  • Die Verbraucher:innen zahlen Pfand auf das jeweilige Geschirr. Ein Becher (0,2l, 0,3l oder 0,4l) kostet 1EUR brutto.  Die Pfandschale (1,25l) kosten 5EUR. Dies wiederum kann in allen teilnehmenden Lokalen gegen Pfand oder einer Auffüllung abgegeben werden. Das Geschirr ist im übrigen spülmaschinenfest und kann somit schnellstmöglich wieder in Umlauf gebracht werden.

Und JETZT?

Wäre es nicht toll, wenn wir bereits zeitnah Essen-To-Go in Mehrwegboxen geliefert bekommen würden und ÜBERALL in unseren Gemeinden wieder abgeben könnten, weil alle Betriebe mitmachen? Wir Verbraucher:innen hätten einen simplen Schritt für die Umwelt getan, die Gastronomie freut sich auf einen weiteren Besuch und auch die Recyclinganlagen hätten weniger Probleme, wenn nur PP und/oder PET entsorgt werden muss. 


Unsere Quellen

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