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Jahresrückblick und der Blick nach vorne

Last updated on 17. Dezember 2023

Dieses Jahr hat Spuren hinterlassen. Politische, gesellschaftliche und auch persönliche. Unser Teammitglied Susanne nimmt dich mit auf ihren persönlichen Rückblick des Jahres 2023. 

Rekordtemperaturen, Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Flutkatastrophen – dieser Sommer war extrem. Zum Schluss wollte er überhaupt nicht mehr aufhören: Noch am 2. Oktober wurden in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen Temperaturen von fast 30 Grad Celsius gemessen.

War der Herbst dann wenigstens temperaturmäßig der Jahreszeit angemessen?

 Leider nein, denn so heiß wie der Oktober im Jahre 2023 war er noch nie! Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes lag die Durchschnittstemperatur im Oktober mit 12,5 Grad Celsius (°C) um 3,5 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 – 1990. Gegenüber der aktuellen, wärmeren Periode 1991 – 2020 betrug die Abweichung +3,1 Grad.

Aber der Winter – der ist doch wieder normal, oder?

Noch nie stieg der Schnee in München an einem Tag auf 45 Zentimeter, seit Anfang der 30er Jahre in der Landeshauptstadt die Schneehöhe gemessen wird. Rekord auch in Passau mit 56 Zentimetern, und die niederbayerische Gemeinde Rotthalmünster pulverisierte mit 73 Zentimetern ihren eigenen Rekord aus dem Jahr 2006, der bei 55 Zentimeter lag. (Quelle)

Wenn der Kopf uns etwas anderes sagt 

Während ich diesen Text schreibe, denke ich unweigerlich an meinen Rückblick im Jahr 2022. Die Forderungen sind die gleichen geblieben. Aber die Situation hat sich weiter verschärft. Auch im vergangenen Jahr haben wir – neben vielen Lösungsansätzen – in unserer Rubrik „Psychologie“ aufgezeigt, dass unser Gehirn in der Lage ist, uns zu täuschen, und dass wir uns damit bei der notwendigen Transformation selbst im Weg stehen können. Ein Beispiel: Wenn wir uns die Zukunft besser vorstellen, als sie sein wird, spricht die Psychologie von Optimismus Bias. Im Prinzip ist dieser Ansatz richtig. Er soll uns vor Überforderung schützen und ermöglicht uns, uns in der täglichen Informationsflut zu orientieren. 

Aber wenn wir dann lesen, dass bereits sechs Kippelemente vor dem Kollaps stehen und wir dadurch unwiderruflich eine Kettenreaktion in Gang setzen, die unsere Umwelt in einen noch nie dagewesenen Zustand versetzen wird – da frage ich mich schon, wann beginnt es denn nun – diese ernsthafte, ehrliche und effektive Transformation von der alle sprechen??1  

<< Leseempfehlung: Alle zwölf Kippelemente im Überblick (Stand 2019) >>

“Politik ist die Kunst des Möglichen” – so heißt es. 

“Politik ist die Kunst des Möglichen“, so formulierte es Reichskanzler Otto von Bismarck in einem Interview mit der St. Petersburger Zeitung am 11. August 1867. In unserem Interview mit Vorstandsmitglied Bertholdt te-Vrügt fiel dieser Satz erneut. Natürlich könnte man zunächst denken, dass es für einen Politiker das Wichtigste überhaupt ist, ein Auge für die Wirklichkeit zu haben. Dafür, wie die Dinge wirklich sind und nicht, wie man sie sich wünscht. Und damit auch, was in dieser Wirklichkeit realistischerweise machbar ist und was nicht. 

Der Klimawandel wird zwar politisch nicht mehr mehrheitlich geleugnet, mit Ausnahme der AfD. Grundsätzlich ist die Klimadebatte aber komplexer geworden und hat sich von der offenen Leugnung zu erkennbaren ‚Verzögerungsdiskursen‚ entwickelt, um die Lücke zwischen Zustimmung und Handeln zu nutzen. Dieses Phänomen wird in der Wissenschaft als “from deny to delay” bezeichnet. Und diese Verzögerung erleben wir nach wie vor von Poltik und Wirtschaft.  

Möglich ist nach dem eingehenden Satz demnach aber nur, was sich verkaufen lässt, zweckmäßig nur, was bezahlt wird bzw. bezahlt werden kann. Aber Möglichkeit in der Politik muss auch bedeuten, Zustände zu benennen, die außerhalb der eigenen Amtsperiode liegen werden. Machbar muss auch bedeuten, Entscheidungen zu treffen, die auch nach der Lebenszeit eines Entscheidungsträgers oder einer Trägerin liegen werden.  

Realismus muss bedeuten, Dringlichkeiten aufzuzeigen und transparent zu erklären, warum Dinge nicht umgesetzt werden.  

Denn das Wort „Möglichkeit“ kann auch in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit verwendet werden, dass etwas passiert. Es drückt also aus, dass etwas im Bereich des Denkbaren oder Wahrscheinlichen liegt, ohne unbedingt sicher zu sein. Und da sind wir in einem Bereich, in dem Machbarkeit der Politik und der Möglichkeit einer Situation, in der wir nicht mehr Herr der Lage sein werden, ziemlich weit auseinanderliegen! 

>> Leseempfehlung: Zusammenfassung des IPCC Berichts für politische Entscheidungsfindung << 

Wie schlimm wird es denn jetzt WIRKLICH? 

Die wenigstens Menschen haben sich in dieses Rabbit Hole begeben, um sich in den Tiefen der Klimawissenschaft auf eine Zukunft einzulassen, die mit einem gewissen Prozentsatz der Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Der IPCC Bericht gibt hier DIE fundierteste wissenschaftliche Einschätzung. Auch wir werden nicht müde werden, diese Dinge zu wiederholen, denn sie sind essentiell. Dieses Gremium sagt: 

“Die wissenschaftlichen Beweise sind eindeutig: Der Klimawandel stellt eine Bedrohung für das menschliche Wohl und die Gesundheit des Planeten dar. Jede weitere Verzögerung konzertierter globaler Maßnahmen wird dazu führen, dass wir das kleine, sich schnell schließende Zeitfenster zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft ungenutzt verstreichen lassen.” 

IPCC

Künftige globale Klimarisiken werden sein:2 

  1. Hitzestress. Die Belastung durch Hitzewellen wird mit zunehmender Erwärmung größer. 
  2. Wasserknappheit. Von der Schneeschmelze abhängige Regionen werden bei 2°C Erwärmung ab 2050 etwa 20 % ihres Wassers für den Ackerbau verlieren. 
  3. Nahrungssicherheit. Der Klimawandel wird im zunehmenden Maße die Nahrungssicherheit gefährden. 
  4. Flutrisiko. Ab 2050 wird der Meeresspiegelanstieg rund eine Milliarde Menschen in niedrigliegenden Küstenregionen und Inseln gefährden. 

<< Leseempfehlung: der aktuellste Bericht des IPCC >> 

Klingt zu weit weg?

Es wird in Deutschland zu regionalen Verschiebungen kommen, in deren Folge extreme Wetterereignisse in Gebieten auftreten, in denen sie bisher nicht aufgetreten sind. Ebenso kommt es innerhalb von Deutschland zu einer Zunahme von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen und zu einer Abnahme von anderen Extremwetterereignissen wie z.B. starken Frösten. 

>> WAS WIR 2023 ÜBER DAS EXTREMWETTER IN DEUTSCHLAND WISSEN>> (externer Link)

Wie kann eine Transformation gelingen? 

Eine Idee, wie die Transformation auf individueller Ebene gelingen kann, hatte Luisa Neubauer im Rahmen der OMR-Konferenz 2023. Sie riet Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber nicht wirklich nachhaltig agieren, zu kündigen.3 

Man kann von dieser Aussage halten, was man will. Aber sie trifft einen wichtigen Punkt. Einen sozialen Kipppunkt. Soziales Verhalten – sowohl positives als auch negatives – kann ansteckend sein und zu Verhaltensänderungen beim Gegenüber führen. Vor allem, wenn man die Motivation des Gegenübers spürt, denn dann wird das Verhalten übernommen. 

Dass nachhaltiges Leben auch viel Freude und Entspannung bringen kann, haben wir in diesem Jahr schon mehrfach gezeigt. Im Artikel über Capsule Wardrobe haben wir darüber gesprochen, wie man weniger Kleidung konsumiert und zufriedener mit seinem Kleiderschrank wird. In unserer Rubrik nachhaltiges essen hat Stefanie uns immer wieder mit Köstlichkeiten überrascht und in unserem Interview mit Christoph über die Solidarische Landwirtschaft in Welte konnten wir erleben, welche positiven Überraschungen es geben kann, wenn man sich einfach auf das Tun einlässt. 

Und JETZT? 

Im Dezember 2020 begann alles mehr oder weniger mit einer einfachen WhatsApp-Nachricht. Seitdem sind wir zu einem vierköpfigen Team herangewachsen, haben 187 Artikel verfasst. Die Suchmaschine Google hat uns mittlerweile nicht nur gefunden, sondern anscheinend auch einige Beiträge als „Mehrwert“ eingestuft, so dass wir sogar an anderen Stellen zitiert wurden und so unsere Reichweite auch im Jahr 2022 weiter ausbauen konnten. 

Und doch war auch für uns das Jahr 2023 mit seinen immer sichtbarer werdenden globalen Krisen, neben den privaten Veränderungen im Alltag, phasenweise auch für uns eine Herausforderung. Deshalb werden wir uns im Jahr 2024 eine kreative Pause gönnen. Ein Teil wird die freie Zeit benötigen, um wieder mehr Fokus für Lohn- oder Care-Arbeit zu haben. Einen weiterer Teil von uns werdet ihr aber auch und wieder vermehrt in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wiedersehen. 

Wir danken euch von Herzen für eure Unterstützung und das Interesse an unseren Beiträgen. Während wir uns regenerieren oder auch uns anderen Herausforderungen stellen, steht euch unser Archiv weiterhin zur Verfügung. Dort könnt ihr in den bereits veröffentlichten Beiträgen stöbern und vielleicht das eine oder andere Highlight wiederentdecken.  

Wir glauben fest daran, dass es wichtig ist, nicht nur die Herausforderungen zu kennen, sondern auch positive Energien und Lösungsansätze zu entdecken.

Aus diesem Grund haben wir hier einige Links zusammengestellt:

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