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Jahresrückblick 2022: Die Welt verändert sich

Last updated on 21. Dezember 2022

Erinnerst du dich noch an die Menschen, die Greta Thunberg als hysterisch bezeichneten? Oder die Menschen, die ihre „how dare you?“ Rede belächelten? Wenn nicht nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021, dann sollten zu mindestens viele Menschen nach der Dürre in diesem Sommer folgendes über den Klimawandel verstanden haben:

  1. Er ist real.
  2. Wir sind die Ursache.
  3. Er ist gefährlich.
  4. Die Fachleute sind sich einig.
  5. Wir können noch etwas tun.

Viele Menschen wähnen sich in einer Welt, die längst nicht mehr existiert

Eine Welt mit vier Jahreszeiten verschwimmt gerade. Ende Oktober hatten wir in Coesfeld rund 27 Grad. Im Sommer haben wir wochenlang unter nie dagewesener Hitze geächzt. Unsere Wälder leiden unter Hitzestress und Wasser in unserem Garten wird zu einer Kostbarkeit. Das andere Extrem konnten wir abends in den Nachrichten verfolgen: Überflutungen in Pakistan, wo 1/3 des gesamten Landes unter Wasser stand. Über 1.000 Menschen starben und jede:r siebte der 220 Millionen in Pakistan lebenden Menschen ist mittlerweile von der Hochwasserkatastrophe betroffen, wie die Behörden des Landes angeben. [1]

Es gibt keine magische Grenze, ab der die Welt „untergeht“. Allerdings stehen wir im Jahre 2022 bereits vor fünf Kippelementen, die zu kippen drohen bzw. kurz vor dem Kippen sind. Dies führt zu einem Dominoeffekt, der weitere Kippelemente anstößt. Wir haben die Welt in einen Zustand versetzt, der ständige Instabilität garantiert. Und vorerst wird es in jedem Fall weiter wärmer. Die Erde, auf der wir jetzt leben, ist eine andere als die aller Generationen seit Beginn der menschlichen Zivilisation – aber in den Köpfen vieler Menschen scheint diese Tatsache noch nicht angekommen zu sein. Das gilt unglücklicherweise auch für die Köpfe wichtiger Entscheidungsträger:innen und Politiker:innen. 

Raus aus dem Klein-Klein

Bei uns im Westmünsterland wird öffentlich kaum ernsthaft darüber diskutiert, wie wir uns vor den Folgen des Klimawandels schützen können. Um für Krisen gewappnet zu sein, ist es wichtig, das Risiko zu erkennen, zu analysieren und sich darauf vorzubereiten. In Coesfeld dagegen wird lieber politisch über eine Filteranlage im Brunnen der „Konferenz der Elemente“ diskutiert, statt über einen Hitzeaktionsplan. Die Ironie lässt sich nicht vermeiden: Das Kunstwerk soll eine Warnung darstellen, die Umwelt weniger zu belasten. 

Es soll also zukünftig Trinkwasserspender in der Stadt geben, aber einen Hitzeaktionsplan, und das wurde im Gespräch mit den Klimaschutzmanagerinnen klar, gibt es vonseiten der Stadt nicht. Man verweist auf den Kreis mit dem Projekt ‚Evolving Regions‘.  Ist hier eine Zusammenarbeit sinnig? Bestimmt, aber auch hier gehen Kreis und Stadtverwaltung vor wie bei der Parkhausdebatte am Kreishaus: Wir machen dies und die machen das. Eine Zusammenarbeit mag schlüssig klingen, scheint aber nicht relevant zu sein.

Wer keine Vorschriften vom Klimaschutz will, kriegt Vorschriften von der Klimakrise

Auch im Stadtrat ist man teilweise der Meinung, dass niemand einen „zum Klimaschutz zwingen kann“. Dies ist ein Trugschluss! Das Klima-Urteil zeigt ganz deutlich, dass es in Zukunft auch rechtlich weniger Spielraum für die Verschwendung und Verpestung unseres Planeten geben wird. Die Umwelthilfe hat bereits etliche Klagen eingereicht. Die EU zieht durch ihre Beschlüsse den Gürtel enger und die Bundesregierung adaptiert einiges. Das Einhalten des Pariser Klimaabkommens ist somit kein Nice-to-Have, kein Zugeständnis an die Ökos. Er ist ein völkerrechtlich bindendes Abkommen, wofür auch Coesfeld und das Münsterland seinen Anteil haben muss! Hierbei sind 1,5 Grad auch nicht nett. 1,5 Grad ist das geringste Übel. Der Sommer 2022 wird nicht umsonst als der „Kälteste Sommer unseres restlichen Lebens“ bezeichnet. 

Verantwortung wird nicht weniger, indem man sie teilt

Dies alles ist nicht die Aufgabe einer einzelnen Person, einer einzelnen Partei oder einer einzelnen Stadt – es ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Und es gibt auch keine wesentlichen Gründe mehr davon abzugeben. Aber Tatsache ist auch: Coesfeld und seine Gesellschaft muss bis 2035 klimaneutral sein. Für unsere Stadtgesellschaft bedeutet dies ein Wandel hin zum klimafreundlichen Leben (Leseempfehlung: Die Klimachallenge). Es bedeutet aber auch, dass unsere aktuell gewählten Vertreter:innen im Stadtrat, im Kreis und alle anderen Institutionen nun Vollgas geben müssen. Denn jetzt werden die Weichen gestellt für das große Ziel! Als Erinnerung: Der Windpark benötigte 10 lange Jahre von der Planung über die Fertigstellung bis zur Eröffnung. Auch wenn es genügend Klima-Delayer dazu geben mag, ist dieser Weg unausweichlich und nicht mehr zu diskutieren.

Das Mobilitätskonzept hat in Coesfeld in diesem Jahr auch sehr für Diskussionen gesorgt. Diskussionen sind richtig und sehr wertvoll. Allerdings sollten sich diese Diskussionen darum drehen, welche Lösung die Beste ist und nicht die gesamte notwendige Transformation in Frage zu stellen. (Leseempfehlung: Verkehrswende). Muss es immer das Auto sein? Nein, sagten uns ganz eindeutig die Familien Böinghoff/Kirsch, die seit einiger Zeit bereits privates Carsharing betreiben und glücklich mit dieser Entscheidung sind.

Ehrliche Kommunikation wird dringend gesucht

Dass eine ehrliche und transparente Kommunikation vorhanden sein muss und dass diese auch von den Medien ausgehen muss, hat uns Leonie Sontheimer in unserem Interview aufgezeigt. In Umfragen befürworteten während der Corona-Pandemie 60 bis 80 % der Befragten effektive Schutzmaßnahmen, wenn sie logisch und fair erschienen.[2]  Damals gab es viele viele Brennpunkte und das Thema war auch in den Medien sehr präsent.  Wir brauchen keine Sonderberichterstattung im Bereich Klima als neues Ressort. Wir brauchen ein Mitdenken dieses Themas!

Lasst uns ins Handeln kommen

Wir können solidarisch sein! Das haben wir in diesem Jahr bei den vielen Freiwilligen gesehen, die sich für die geflüchteten Menschen der Ukraine eingesetzt haben. Noch heute hängen in Coesfeld in vielen Fenster die ukrainische Flagge als Herz. Bringen wir diese Solidarität doch auch unseren Kindern und ihrer Zukunft mehr zum Ausdruck. Ich kann diejenigen, die die Klimadebatte als hysterisch empfinden, nur empfehlen, sich mal mit den eigenen Kindern, Enkeln, Neffen oder Nichten über das Thema zu unterhalten. Die Kinder und Jugendlichen von heute haben nämlich längst verstanden, dass sie gerade von ein bis zwei kompletten Generationen von Erwachsenen im Stich gelassen werden. Und sollten ihre Kinder noch zu klein sein, um das Ausmaß zu verstehen, dann gehen Sie bitte sanft vor (Leseempfehlung: Klimapädagogik)

Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen, noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen sind. Da würden wir uns schön ärgern.

Marc-Uwe Kling

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Quellen:

2 Kommentare

  1. Rainer Kirmse , Altenburg Rainer Kirmse , Altenburg

    EIN KLIMA-GEDICHT

    Unwetter, Hitze, Wassernot;
    Feuer wüten in Wald und Flur.
    Das Wetter gerät aus dem Lot,
    Klimawandel zieht seine Spur.
    Raubbau, Waldfrevel, Plastikflut;
    uns’rem Planeten geht’s nicht gut.
    Wir sollten uns Sorgen machen,
    und nicht über Greta lachen.

    Der Mensch, dieses kluge Wesen
    kann im Gesicht der Erde lesen.
    Er sieht die drohende Gefahr,
    spürt die Erwärmung Jahr für Jahr.
    Homo sapiens muss aufwachen,
    seine Hausaufgaben machen.

    Die Jagd nach ewigem Wachstum
    bringt letztlich den Planeten um.
    Das oberste Gebot der Zeit
    muss heißen Nachhaltigkeit.
    Statt nur nach Profit zu streben,
    im Einklang mit der Natur leben.

    Zu viele Buchen und Eichen
    mussten schon der Kohle weichen,
    Retten wir den herrlichen Wald,
    bewahren die Artenvielfalt.
    Kämpfen wir für Mutter Erde,
    dass sie nicht zur Wüste werde.

    Rainer Kirmse , Altenburg

    Herzliche Grüße aus Thüringen

    • Hallo Rainer,
      vielen lieben Dank für dieses schöne Gedicht.
      Viele Grüße,
      Susanne

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