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Slowflowers: Warum es sich lohnt, Blumen beim Wachsen zuzusehen

Last updated on 20. August 2023

Beim Einkaufen denken wir immer mehr darüber nach, wie wir uns saisonal und regional ernähren können. Hat es nicht auch seinen Reiz, sich auf eine bestimmte Jahreszeit zu freuen und zu genießen, was gerade in unseren Breitengraden wächst? Schließlich passen deftige Kohlgerichte nicht unbedingt zum Schwimmbadwetter. Und wir wissen, dass Erdbeeren zu Weihnachten einfach anders schmecken, als wenn sie im Sommer reif vom Feld direkt nebenan kommen. Aber hast Du schon einmal darüber nachgedacht, woher die Blumen kommen, die Du im Supermarkt oder im Fachgeschäft kaufst?   

Deswegen müssen wir darüber sprechen 

Beim Supermarkt, dem Discounter, der Tankstelle oder online gibt es Blumen. Sauber in Plastik eingeschlagen, eine Blume wie die andere. Rosen ohne Duft, im gleichen Stadium des Aufblühens, von derselben Farbe. Auch andere Sorten wirken makellos, wie vom Fließband, Konfektionsware. Zum Kaufen, Verbrauchen und Wegwerfen, denn leider halten sie sich oft nicht mal lange in der Vase. Eben Fastfood fürs Auge.

Dabei ist ein Blumenstrauß zu Recht eines der beliebtesten Mitbringsel. Farbenfroh, aufmunternd – fast alle Menschen freuen sich darüber.

In der konventionellen Blumenernte sind Pestizide, ein übermäßiger Wasserverbrauch und erheblich viel Dünger der Alltag.

Woher kommen unsere Blumen? 

Auch die Blumenläden, die manchmal wie ländliche Manufakturen wirken, beziehen in der Regel ca. 80 % ihrer Blumen aus dem Ausland. Sie kommen vor allem aus Kenia, Äthiopien und Kolumbien. Dort sind die Arbeitsbedingungen schwer kontrollierbar, die Vorschriften für den Einsatz von Pestiziden lax und Kinderarbeit durchaus üblich. Das Wasser, welches die Blumen benötigen, steht für die Ernährung der Bevölkerung nicht mehr zur Verfügung. Viel Dünger braucht es, damit die Blumen schnell erntereif werden und viel Gift, um sie für den Transport nach Europa haltbar genug zu machen. Zertifizierte Ware mindert zwar das Problem, beseitigt es aber nicht. 

Blumen, die aus den niederländischen Gewächshäusern stammen, benötigen dagegen vor allem im Winter eine Menge Energie zum Heizen. Daher ist ihr CO₂-Fußabdruck oft auch nicht kleiner. 

Die Alternative: Die Slowflower-Bewegung

Vielleicht kann man das am besten so erklären: Blumen sind keine toten, maschinell gefertigten Gegenstände. Wenn wir die konventionellen, abgepackten Blumen sehen, werden sie genau zu solchen industriell gefertigten Gegenständen herabgewürdigt. Aber sie sind etwas Lebendiges. Wenn wir an ihrem Leben, dem Werden und Vergehen teilnehmen, sind sie auch Teil des unseren. Sie beginnen als Samen, keimen, wachsen heran, bilden Knospen und schließlich öffnet sich die erste Blüte. Und das genau zu dem Zeitpunkt, der für ihre Vermehrung am günstigsten ist. Wir müssen also darauf warten, dürfen uns aber auch darauf freuen. Im Weiteren erleben wir die Zeit der Reife, der Samenbildung, des Welkens. Also den ganzen Kreislauf des Lebens. Ein Strauß natürlich gewachsener Blumen wirkt organischer und weniger steif, er duftet, die Blüten haben zum Teil krumme Stiele. Das fordert die Fantasie und Kreativität zu neuen Formen der Anordnung heraus. Übrigens: natürlich gewachsene Blumen sind selbst im Welken noch schöner als die „Wegwerfware“. 

Definition: Die Slowflower-Bewegung fördert nachhaltige, regionale und saisonale Schnittblumen. Damit setzt sie ein Zeichen gegen importierte Massenware. 
Tulpen aus einem natürlicheren Umfeld setzen ein klares Zeichen für mehr Natürlichkeit und weniger Verbrauch.

Woher kommt die Bewegung? 

Im Jahr 2014 erschien in den USA das Buch „Slowflowers“ von Debra Prinzing. Der Titel war gewählt in Anlehnung an den Begriff „Slowfood“, die dem um sich greifenden Trend zu Fastfood etwas entgegensetzen wollte. So entstand eine Bewegung, die sich genau das zum Ziel gesetzt hat: Blumen, vor allem Schnittblumen, regional, saisonal und giftfrei zu ziehen und anzubieten. Von den USA ausgehend breitete sich der Gedanke über andere Länder aus und startete 2019 auch in Deutschland, genaugenommen in der Stadt Marl im Ruhrgebiet. Inzwischen ist die Bewegung zu einem deutschlandweiten, stabilen Verein mit mehreren hundert Mitgliedern herangewachsen. 

Welche Ziele hat die Slowflower-Bewegung? 

„Im Slowflower-Bewegung e.V. schließen sich Flowerfarmer*innen, Farmerflorist*innen und Floral-Designer*innen in einem bunten Kollektiv zusammen. Eine Leidenschaft eint uns: Schnittblumen aus der Region, frei von Pestiziden und Giften“ – so stellt sich der Verein selbst auf seiner Internetseite vor. (Die Slowflower Bewegung, 2023) 

In der Slowflower-Bewegung wird versucht, das übergeordnete Ziel zu betrachten: Was ist die Spur, die ich hinterlassen werde? Wer trägt die Konsequenz für mein Verhalten? So versuchen die Mitglieder, möglichst rund ums Jahr, das zu nutzen, was in der jeweiligen Saison zur Verfügung steht, und daraus fantasievolle, lebendige Sträuße, Kränze oder Gestecke zusammenzustellen. Besonders im Winter und im frühen Frühjahr kann das durchaus zur Herausforderung werden. 

Bei dem Konzept Slowflower versucht man möglichst rund ums Jahr das zu nutzen, was in der jeweiligen Saison zur Verfügung steht.

Und jetzt?  

Wie komme ich an Slowflower Blumen?  

Am einfachsten kannst Du sie natürlich selbst anbauen. Inzwischen werden Saatgut- oder Pflanzenmischungen extra dafür angeboten, sogar für Topf, Kübel oder Blumenkasten. Mehr brauchst Du nicht für ein paar schöne Sträuße: Samen, Erde, Wasser, Zeit. Möglichst mit einigen Stunden Sonne am Tag. 

Jora Dahl, eine der Pionierinnen der Slowflower-Bewegung in Deutschland, sagt dazu: „…schon auf drei bis vier Quadratmetern lassen sich so viele Pflanzen kultivieren, dass man den ganzen Sommer über Sträuße ernten kann. Mit 10-20 Quadratmeter darf man sich aus meiner Sicht schon Schnittblumengärtnerin nennen. … Das Beste aber ist: Blumen anzubauen ist definitiv einfacher als der Anbau von Gemüse“(Dahl, 2021) 

Welche Blumen eigenen sich für den eigenen Slowflower-Anbau? 

  1. Zwiebelblumen: Vor allem im Frühjahr, wenn sonst noch nicht viel blüht, sind Tulpen, Narzissen und Co schon die Hingucker. Im Garten macht sich so ein im Herbst angelegtes Beet gut, und in der Vase dürfen ruhig auch ein paar Blüten landen. 
  2. Einjährige Sommerblumen: Sie sind die Spitzenreiter in diesem Programm. Viele von ihnen treiben umso mehr Blüten, je mehr Du abschneidest. Denn sie wollen ja unbedingt noch zur Samenreife kommen. Ringelblumen, Cosmeen, Löwenmäulchen und Sommerastern sind die bekanntesten. Von Tagetes gibt es sehr charmante höhere Sorten, einfach blühend. Vielleicht möchtest Du lieber Akelei, Kornblumen, Mohn, Kamille und Sonnenblumen? Wunderschön in gemischten Sträußen sind als Begleiter Doldenblütler wie wilde Möhre oder Dill, wilder Kerbel vom Wegrand, sogar der Giersch. Der gehört aber eigentlich schon zum nächsten Punkt, den Stauden. 
  3. Stauden: Viele Stauden eignen sich gut, auch wenn manche von ihnen nur einmal blühen. Manche kann man durch einen Rückschnitt zum erneuten Austrieb anregen. Margeriten, Sonnenhut, Spornblume, Phlox, Rittersporn, Chrysanthemen, Astern, Herbstanemonen gehören dazu . Pfingstrosen dürfen nicht fehlen. Frauenmantel, Schleierkraut oder der Austrieb vom Grünspargel stehen viele Jahre lang zur Verfügung. 
  4. Kräuter: Gewürzfenchel, Eberraute, Minze, Melisse, Lavendel und Salbei lockern Deinen Strauß auf und lassen ihn überraschend duften. 
  5. Knollengewächse: Früh im Jahr blühen Anemonen, die jedes Jahr wieder austreiben können. Unermüdliche Blütenfülle vom Juli bis zum ersten Frost bieten Dahlien, wenn Du sie im frühen Stadium vor Schnecken schützen konntest.  
  6. Rosen: Diese wunderschönen Blumen sollten in der Liste nicht fehlen. Außer Edelrosen eignen sich vor allem aufrecht blühende Strauchrosen. 

Kombiniere, wie es Dir gefällt, wenige oder viele Deiner Blüten mit allerlei Grünzeug, Gräsern, Zweigen, Kräutern – und Du erhältst etwas Einmaliges, gutes Gewissen inklusive! 

Rosen aus dem eigenen Garten bieten einen wunderschönen Blickfang auch in einem Blumenstrauß.

Kann man auch in Coesfeld selber Blumen schneiden? 

Auch in Coesfeld kannst Du Blumen selber schneiden. Hof Rahmann in Coesfeld bietet einen Blumenacker, auf dem im Frühjahr die Erntezeit mit Tulpen beginnt, dann folgen   im späten Juni und Juli Sommerblumen wie Gladiolen, Sonnenblumen und Dahlien, die oft bis zum November blühen. Der Acker liegt in Sichtweite des Hofes, direkt an der Daruper Straße. Weitere Möglichkeiten findest Du in Nottuln oder auch rund um Münster.


Quellen 

  • . (2023, 27. April). Slowflower Bewegung. https://www.slowflower-bewegung.de/ 
  • . (o. D.). https://hof-rahmann.de/hof-rahmann/blumenfeld/ 
  • . (o. D.). https://www.blumenbaer.de/de/home/ 
  • . (o. D.). Ka Fuchs. https://www.ka-fuchs.de/ 
  • Utopia.de. https://utopia.de/ratgeber/slowflower-die-bewegung-fuer-nachhaltige-schnittblumen/ 
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