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Dürre: Wieso es gerade so trocken ist und was das für das Westmünsterland bedeutet

Last updated on 3. Mai 2023

Wie schreibt man in Zeiten der Dürre über die Dürre? Ein bisschen ist das so, als würde ich in Zeiten des Hungers über Hunger schreiben wollen, während ich vor Hunger immer schwächer werde… Der Vergleich hinkt? Das finde ich nicht. Dürre findet zurzeit an vielen Orten der Erde statt und gefährdet die Ernährung von Milliarden Menschen. Dabei sind diese Orte nicht mehr nur im entfernten Afrika, sondern direkt vor unserer eigenen Haustür: Wir haben den 4. Dürresommer in 5 Jahren, den zweit heißesten Sommer, nur 2003 war noch heißer. Außerdem hält der August den Rekord bei den Sonnenstunden seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1951.

Deswegen müssen wir darüber sprechen

Viele Menschen freuen sich nach dem Coronajahr 2020 und dem verregneten Sommer 2021 wahrscheinlich über die vielen Sonnentage und die ungebrochene Sommerhitze. Sie empfinden es als eine Art Befreiung. Endlich im Freibad oder im Urlaub die ganzen Krisen ausblenden und sich einfach erholen. Diese Ruhephasen braucht der Mensch auch, um neue Energie zu tanken. Gerade in Krisenzeiten wie aktuell, wo die Energiekrise sich einreihen in eine Summe von Krisen, welche man auch Multiple Krisen nennt.

Inzwischen haben die meisten aber doch wohl ein ungutes Gefühl, dass es Anfang September immer noch nicht wieder geregnet hat. In der Natur im Allgemeinen und im Garten im Speziellen können wir Tag um Tag beobachten, wie die Dürre den Pflanzen und auch den Tieren zusetzt. Aber nicht nur den Tieren setzt der fehlende Regen zu.

Wir haben fast schon vergessen, dass alles, was wir essen, ob Burger, Pizza oder Döner, zuvor auch irgendwo gewachsen sein muss: auf einem Acker, einer (Obst-)Wiese, einer Weide, einer Plantage, in einem Stall. Zu allem, wovon wir uns ernähren, hat es eine Menge Wasser gebraucht, bevor es bei uns auf dem Teller gelandet ist.

Was ist der Unterschied zwischen Dürre und Trockenheit?

Dauert die Trockenheit über einen längeren Zeitraum an, spricht man von einer Dürreperiode.

Definition:
Unter Dürre versteht man einen Mangel an Wasser, der durch weniger Niederschlag und/oder eine höhere Verdunstung durch erhöhte Temperatur (oder Wind) als üblich verursacht wird.

Je nach Andauer der Dürre wird diese entsprechend ihren Auswirkungen als

  • meteorologische Dürre (ein bis zwei Monate trockener als üblich),
  • landwirtschaftliche Dürre (zwei Monate und länger trocken, Ernteeinbußen),
  • hydrologische Dürre (ab vier Monate, Grundwasser und Pegel betroffen)
  • sozio-ökonomische Dürre (ab einem Jahr, Wassermangel bremst produzierende Wirtschaft)


bezeichnet, wobei andere Definitionen je nach Anwendungsbereich zusätzlich existieren. Je nach lokalen Gegebenheiten treten Probleme auch früher ein.[1] Für Coesfeld und das gesamte Münsterland wird es im Übrigen das Thema Winderosionen in Verbindung mit Trockenheit sein, was uns in Zukunft vor enormen Herausforderungen stellen wird. 

Ist das nur ⁠Wetter⁠ oder schon ⁠Klimawandel⁠?

Die Abnahme der Bodenfeuchte ist ein langfristiger Prozess, der vom ⁠Klimawandel⁠ beeinflusst wird. In Deutschland sind dabei vor allem Regionen mit leichtem, sandigem Boden, das heißt Teile Ostdeutschlands und das Rhein-Main-Gebiet, betroffen.[2]

Wie schlimm ist es in Coesfeld im Sommer 2022 wirklich mit der Dürre?

Seit März hat es bei uns in NRW kaum, seit Anfang August im westlichen Münsterland überhaupt nicht mehr geregnet. In NRW war der Sommer 2022 mit rund 19,0 °C (16,3 °C) warm und mit fast 120 l/m² (240 l/m²) erschreckend trocken. Niedrigwasser wurde dadurch ein zunehmendes Problem. In der dritten Augustdekade aber folgte dank entfernter Niederschläge in den Alpen am Niederrhein eine leichte Entspannung. 785 Sommersonnenstunden (554 Stunden) gab es seit Messbeginn in diesem Bundesland bisher noch nie.[3]

Die Auswirkungen der fehlenden Regenmenge merken wir bereits jetzt. Es handelt sich um den 6.trockensten Sommer seit 1881. Die deutlich zu trockene und überdurchschnittlich warme und sonnenscheinreiche Sommerwitterung ließ die Böden dabei stark austrocknen. Dabei nahm der Rückgang der Bodenfeuchte in Deutschland einen ähnlichen Verlauf wie im Dürrejahr 2018. Von der Trockenheit besonders getroffen waren vor allem die Sommerkulturen wie Kartoffeln, Mais und Zuckerrüben. Grünland verdorrte zusehends und wurde seinem Namen vielerorts nicht mehr gerecht. Auswirkungen auf das kommende Erntejahr zeichnen sich bereits ab, da die Bedingungen zur Herbstaussaat zurzeit ungünstig sind. Auch bei vielen Bäumen und Sträuchern wurde der Trockenstress immer deutlicher sichtbar.

Besonders markant war auch die Waldbrandgefahr: Die Anzahl der Tage mit einem hohen bis sehr hohen Waldbrandgefahrenindex war im Deutschlandmittel in diesem Sommer ähnlich hoch wie im Jahr 2018.

Was bedeutet das für unsere Ernährung?

Im Jahr 2021 lag der Ertrag von Getreide bei 2,7 Prozent weniger als im Vorjahr und 4,8 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020. Auch bei Obst und Gemüse zeichnen sich eher unterdurchschnittliche Ernteergebnisse in­folge der ungünstigen Witterungsbedingungen ab.[4]

Dass wir uns um unsere Ernährung in Deutschland aktuell keine Sorgen machen, mag auch daran liegen, dass ein guter Teil unserer Lebensmittel im Ausland erzeugt wird. Im Doñana-Nationalpark in Andalusien werden beispielsweise Erdbeeren auch für den deutschen Markt produziert. Seit Jahren wird hier übermäßig Grundwasser entnommen. Hierzu werden legale und illegale Brunnen benutzt, um große Wassermengen abzuzweigen. Der Grundwasserpegel ging deshalb immer weiter zurück. Das Wasser dient unter anderem der Bewässerung von Tourismusanlagen und Erdbeerfeldern.[5]

Wie gehen unsere Pflanzen mit der Trockenheit um?

UFZ-Dürremonitor (Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung)

Die Karte des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung gibt das pflanzenverfügbare Wasser in einer Tiefe bis 25 cm an.[6] Unter der Adresse findest du auch noch weitere Karten zum Thema, z.B. wie es in tieferen Schichten aussieht.

Auf der Karte sieht man aber auch, dass ganz im Süden an den Alpen die Regenmenge wesentlich größer war und die Böden nass sind.

Warum gibt es in Deutschland eine ungleiche Verteilung der Niederschläge?

Starkregenereignisse stehen meist in Verbindung mit Gewittern nach großer Hitze. Die heiße Luft steigt auf in große Höhen, es bilden sich riesige Wolkentürme, in denen viele Kubikmeter Wasser gespeichert sind. Diese können dann sehr plötzlich in einem eng begrenzten Umfeld abregnen. Je mehr Hitze und aufsteigende Luft, umso mehr kann es regnen. So kommt es vor, dass die Regenmenge, die früher in Wochen oder Monaten fiel, in einigen Stunden ausgegossen wird. Die ausgetrockneten, versiegelten Böden und eingeengten Bach- oder Flussläufe können diese Mengen nicht aufnehmen. Dadurch kommt es oft zu heftigen Überschwemmungen.

Im Sommer 2022 leidet vor allem Pakistan unter diesem Extremwetter. Dort sind über 1200 Menschen in den Wassermassen umgekommen. Durch die Erderwärmung verdunstet mehr Wasser, das sich in der Atmosphäre anreichert und dann aber ziemlich ungleich verteilt wieder abregnet. Begünstigt wird das Aufsteigen der Luft vor allem durch bergiges Gelände.[7] Gleichzeitig bieten enge Täler wenig Ausweichmöglichkeit für das Wasser.  Aber auch große Städte können zu starker Konvektion (Aufsteigen der Luft) führen. Ganz besonderen Einfluss hat das Nachlassen des Jetstreams.

Bekanntermaßen regnet es über Wüsten selten, und wenn, dann oft heftig. Wird eine Gegend entwaldet, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie zur Wüste wird. Experten warnen deshalb besonders vor der weiteren Abholzung des Amazonas-Regenwaldes.[8] Auch hier in Deutschland sind unsere Wälder weiterhin stark geschädigt.

Und JETZT?

Die gesellschaftliche Aufgabe

Es ist wohlbekannt, dass immer mehr Flächen bebaut und versiegelt werden. Jede Baumaßnahme betrifft jedoch unmittelbar den Boden. Je nach Intensität der baulichen Veränderungen verliert der Boden dabei komplett oder teilweise seine wertvollen Funktionen. Bedeckt mit Beton oder Asphalt geht Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren. Auch bildet sich weniger Grundwasser neu, weil Regenwasser nicht oder nur erschwert dem Boden zugeführt werden kann und daher über Kanalsysteme abgeleitet werden muss.[9]

Nun wird es Zeit, dass wir umsteuern.

Auch die Landwirtschaftspolitik hat viel zu lange den Anbau auf immer größeren Flächen mit immer größeren Maschinen gefördert, vor allem, um immer mehr Tierfutter für immer größere „Fleischproduktionshallen“ zu beschaffen. Heckenstreifen, blühende Feldraine und Bäume in den Äckern störten da nur. Das heißt nicht zurück zu der Landwirtschaft vor 1950. Inzwischen gibt es erprobte Modelle, die Landwirtschaft klimaresistenter machen und wieder sehr viel mehr Bäume in die Landschaft bringen – ohne Ertragseinbußen.

Anders herum könnte auch eine massive Aufforstung den Regen zurückbringen und Wüsten zurückdrängen, so, wie man es z.B. seit einigen Jahrzehnten in China versucht.[10] Der Förster Peter Wohlleben ist sich sicher, dass Wälder gewissermaßen selber ihre Wasserversorgung regeln und den benötigten Regen anziehen können, indem sie Terpene aussenden, die als Kondensationskerne für Wassertropfen wirken.[11]      

Eine weitere Möglichkeit ist der Humusaufbau der Böden durch bessere Bewirtschaftung oder mit Unterstützung durch Pflanzenkohle, wie etwa Terra Preta.

Die persönliche Aufgabe

Im eigenen Garten helfen diese Möglichkeiten ein bisschen:

  • Ein gutes Wassermanagement
  • Eine Gartengestaltung mit genügend Schattenbereichen, Bäumen und Sträuchern, die vor allem in den Mittags- und Nachmittagsstunden die Sonneneinstrahlung abmildern und vor austrocknenden Winden schützen. Sind die Gehölze laubabwerfend, bekommt der Garten im Frühjahr, Herbst und Winter immer noch genug Licht
  • Die richtige Pflanzenauswahl, also Pflanzen, die nicht zu viel Wasser brauchen. Hortensien, Rhododendren und Azaleen und noch einige andere brauchen viel Wasser, sollten also, wenn überhaupt, dann nur ganz gezielt gepflanzt werden. Stattdessen könntest du dich über Präriebeete informieren[12]
  • Der Pflanzzeitpunkt beeinflusst den Anwachserfolg. Pflanzungen im Spätherbst oder Winter können besser anwurzeln, als wenn du zu Beginn der Trockenzeit im Frühjahr pflanzt.
  • Ausreichend große Pflanzlöcher, gutes Wässern schon unten im Pflanzloch, ein durchlässiges Substrat, das die Pflanzen dazu anregt, in die Tiefe zu wurzeln, eine Mulde, in die du die Pflanze setzt, so dass das Gießwasser nicht zu den Seiten wegläuft, ein eingegrabener Blumentopf als Bewässerungshilfe sind alles Maßnahmen, die den Pflanzen beim Anwachsen helfen.
  • Kein unbedeckter Boden, viel Mulch, möglichst keine versiegelten Flächen wie beispielsweise Schottergärten, kein Kunstdünger, sondern Kompost, Bokashi und Pflanzenjauchen.
  • Gießen nur früh morgens oder abends, gezielt an die Wurzeln. Nicht täglich (außer bei Töpfen), dafür dann durchdringend, so dass das Wasser auch in der Tiefe bei den Wurzeln ankommt. Bodenbedeckung, z.B. durch Mulch, schützt vor schneller Verdunstung. Bei Trockenheit sind Schnecken eher kein Problem – wenigstens ein Vorteil.

Für Stadtbäume hat der Schwede Björn Embrén in Stockholm ein Modell entwickelt, das wegweisend sein könnte und auch in Deutschland zunehmend Beachtung findet. [13] Bäume sollen angeregt werden, möglichst in die Tiefe zu wurzeln, indem sie in einer großen Grube in eine Mischung aus durchlässigem Schotter, Kompost und Pflanzenkohle als zusätzlicher Wasserspeicher gesetzt werden, rundherum bleibt möglichst viel unversiegelte Fläche.  Das wiederum könnte auch uns Anregungen dafür geben, wie wir Bäume in unserem eigenen Garten anpflanzen könnten. Der reine, gute Kompostboden, in den man Bäume sonst oft pflanzt, regt nicht zum Wurzelwachstum an, weil es dem Baum ja in der direkten Umgebung zu Anfang ganz gut geht. Später, wenn die enge Umgebung durchwurzelt ist, tauchen dann die Probleme auf und der Baum leidet stets unter Wassermangel, weil er sich nicht selbst versorgen kann.

Und sonst?

  • Informiere dich, auf seriösen Medien und verbreite dein Wissen.
  • Vergrößere deinen ökologischen HANDabdruck, indem du dich bei einer gesellschaftlichen Organisation oder Bewegung engagierst – zum Beispiel bei Coesfeld for Future.
  • Nimm Teil an den Klimademos in deiner Region. Wann und wo die nächste stattfindet wird, erfährst du auf klima-streik.org. Im Westmünsterland gibt es meistens eine in Dülmen, Borken oder Münster.
  • Werde Mitglied in der SoLaWi von CoesfeldforFuture in Welte oder buddel selber in der Buddelgruppe in Lette, ernte selber Gemüse und betreibe damit aktiven Klimaschutz.
  • Unterzeichne Petitionen, schreibe Leserbriefe an die örtliche Zeitung.

Es gibt immer was zu tun! Einfach den Kopf in den (Wüsten-)Sand stecken ist definitiv keine Lösung.


Quellenangaben

  • [1] https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=100578&lv3=603288
  • [2] https://www.umweltbundesamt.de/themen/trockenheit-in-deutschland-fragen-antworten
  • [3] https://www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2022/20220830_deutschlandwetter_sommer2022_news.html
  • [4] https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/ackerbau/ernte2021.html
  • [5]https://www.spiegel.de/ausland/donana-nationalpark-in-spanien-eines-der-wichtigsten-feuchtgebiete-europas-ist-ausgetrocknet-a-1305bfaf-228a-42dd-af44-7885966b1ca8
  • [6] https://www.ufz.de/index.php?de=37937
  • [7] https://www.dwd.de/DE/leistungen/unwetterklima/starkregen/starkregen_node.html
  • [8] https://www.abenteuer-regenwald.de/wissen/folgen
  • [9] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/bebauung-versiegelung
  • [10] https://de.wikipedia.org/wiki/Chinas_Grüne_Mauer
  • [11] https://www.wohllebens-waldakademie.de/wenn-baeume-regen-machen-s6420
  • [12] https://www.ndr.de/ratgeber/garten/zierpflanzen/Praeriegarten-anlegen-und-pflegen,praeriegarten104.html
  • [13] https://www.sonnenerde.at/de/pflanzenkohle/stockholmer-baumpflanzsystem
  • [14] https://www.crowdsalat.eu/impressum/
  • [15] https://buddelgruppe.de/kontakt/

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